cepMonitor: „New Deal“ für Verbraucher – Teil 1: Verbandsklagen (Richtlinie)
Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG.
Zuletzt aktualisiert: 02. April 2019
11.04.2018 Richtlinienvorschlag COM(2018) 184 |
26.03.2019 EP-Plenum: 1. Lesung |
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Gegenstand der Richtlinie | Die Richtlinie soll die Verbandsklagemöglichkeiten im Verbraucherrecht erheblich ausweiten und die Durchsetzung des Verbraucherrechts damit fördern, Klagemissbrauch gleichzeitig aber verhindern [Art. 1 Abs. 1, S. 2–4]. |
Wie Kommission. |
Anwendungsbereich, Kollektivinteressen | Die Verordnung gilt für Verbandsklagen – behördliche oder gerichtliche Rechtsbehelfe – gegen nationale und grenzüberschreitende EU-Rechtsverstöße, die den „Kollektivinteressen“ – d.h. den Interessen mehrerer Verbraucher – tatsächlich oder potentiell schaden (Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Nr. 3, 4). |
Die Verordnung gilt für Verbandsklagen – behördliche oder gerichtliche Rechtsbehelfe – gegen „mit breiter Wirkung für Verbraucher verbundene“ nationale und grenzüberschreitende EU-Rechtsverstöße, mit denen die „Kollektivinteressen“ – d.h. die Interessen mehrerer Verbraucher oder betroffener Personen im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (EU) 2016/679 – geschützt werden (Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Nr. 3, 4). Die „breite Wirkung“ beginnt, sobald zwei Verbraucher betroffen sind (neuer EG 6a). |
Anforderungen an Qualifizierte Einrichtungen | Qualifizierte Einrichtungen (QuE) sind alle Stellen, insbesondere Verbraucherorganisationen und unabhängige Behörden, die von den Mitgliedstaaten
zur Erhebung von Verbandsklagen benannt werden (Art. 4 Abs. 1–3). Die Mitgliedstaaten müssen jede Stelle benennen, die dies beantragt und (Art. 4 Abs. 1, Erwägungsgrund 10)
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Qualifizierte repräsentative Einrichtungen (QRE) sind Verbraucherorganisationen – d.h. Gruppen, die sich für den Schutz der Interessen der Verbraucher vor rechtswidrigen Handlungen oder Unterlassungen von Unternehmern einsetzen (neuer Art. 3 Nr. 1a) – die die genannten Kriterien erfüllen, und Behörden, die von den Mitgliedstaaten
zur Erhebung von Verbandsklagen benannt werden (Art. 4 Abs. 1–3). Die Mitgliedstaaten müssen jede Stelle benennen, die dies beantragt und (Art. 4 Abs. 1, Erwägungsgrund 10)
Zusätzlich: Die Mitgliedstaaten oder ihre Gerichte benennen „in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet“ mindestens eine QRE. Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass QRE z.B. im Internet verständliche Informationen zu Finanzierung, Organisation, Struktur, Ziel, Arbeitsmethoden und Tätigkeiten veröffentlichen (Art. 4 Abs. 1). Die Mitgliedstaaten erstellen eine Liste der QRE und veröffentlichen und aktualisieren diese. Die Kommission veröffentlicht die Listen über ein Online-Portal. |
Allgemeine Voraussetzungen für Verbandsklagen | Verbandsklagen dürfen nur von QuE erhoben werden (Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Erwägungsgrund 10). Die Verbraucher werden dabei nicht selbst Partei des Verfahrens (Art. 3 Nr. 4). Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass ihre Gerichte und Behörden Verbandsklagen nur zulassen, wenn ein direkter Zusammenhang zwischen ihren Hauptzielen und dem entsprechenden EU-Recht besteht, gegen dessen Verletzung vorgegangen werden soll (Art. 5 Abs. 1); Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass ihre Gerichte und Behörden den Beklagten unter bestimmten Voraussetzungen zur Vorlage bei ihm befindlicher „weiterer“ Beweismittel verpflichten können, auf die die QuE „hinweist“, sofern die Klage bereits hinreichend substituiert ist (Art. 13). – |
Verbandsklagen dürfen nur von QRE erhoben werden (Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Erwägungsgrund 10). Die Verbraucher werden dabei nicht selbst Partei des Verfahrens (Art. 3 Nr. 4). Wie Kommission. Zusätzlich: Die QRE dürfen dasjenige nationale oder EU-rechtliche Verfahren frei wählen, mit dem das Kollektivinteresse der Verbraucher am stärksten geschützt werden kann. (Art. 5 Abs. 1). Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass vor ihren Gerichten oder Behörden keine parallelen Klagen anhängig gemacht werden, die dieselbe Politik, denselben Unternehmer und dieselben Verbraucher zum Gegenstand haben (Art. 5 Abs. 1) Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass ihre Gerichte und Behörden die andere Partei unter bestimmten Voraussetzungen zur Vorlage bei ihr befindlicher „weiterer“ konkreter und klar bestimmter Beweismittel verpflichten können, auf die die beantragende Partei „hinweist“, sofern die Klage bereits hinreichend substituiert ist (Art. 13). Zusätzlich: Die Vorlage muss so genau erfolgen, wie dies auf der Grundlage derjenigen Tatsachen, die mit zumutbarem Aufwand zugänglich sind, möglich ist. Die Anordnung zur Offenlegung von Beweismitteln muss im Einzelfall verhältnismäßig und angemessen sein und darf nicht zu einem Ungleichgewicht zwischen den Parteien führen (Art. 13) Um festzustellen, ob die von einer QRE beantragte Vorlage weiterer Beweismittel verhältnismäßig ist, muss das Gericht das berechtigte Interesse aller Parteien, die Zugänglichkeit der Tatsachen und des Beweismittels und die Tatsache, ob das Beweismittel vertrauliche Informationen enthält, abwägen (Art. 13 neuer Abs. 1a). Die Gerichte dürfen die Vorlage von Beweismitteln anordnen, wenn sie sie als sachdienlich für die Schadensersatzklage erachten. Anwaltshonorare und ihre Berechnung dürfen kein Anreiz für die Erhebung von Verbandsklagen sein, die aus Sicht der Parteiinteressen unnötig sind. Die Mitgliedstaaten müssen insbesondere Erfolgshonorare verbieten (neuer Art. 15a). |
Verbandsklagen auf Unterlassung | QuE können auf Unterlassen – „Beendigung“ oder „Verbot“ – einer rechtsverletzenden „Praktik“ klagen, indem sie
Die QuE müssen weder die betroffenen Verbraucher einzeln identifizieren und ihr „Mandat“ einholen („Opt-in“) noch ein Verschulden des Rechtsverletzers oder einen Schaden der Verbraucher nachweisen (Art. 5 Abs. 2). |
Wie Kommission. |
Verbandsklagen auf Abhilfe | QuE können auch auf Beseitigung der „fortdauernden Auswirkungen“ des Verstoßes („Abhilfe“) klagen, z.B. auf Schadensersatz, „Reparatur“, Minderung, Kündigung oder Erstattung (Art. 5 Abs. 3, Art. 6), wenn
QuE „sollten“ Abhilfeklagen erheben dürfen, ohne alle betroffenen Verbraucher informieren zu müssen. Die Mitgliedstaaten können aber regeln, dass die Verbraucher vor Erlass der Entscheidung über die Klage ihre individuellen Ansprüche anmelden und ein Opt-in erteilen müssen (Art. 6 Abs. 1, Erwägungsgründe 18 und 20). Wenn der Verbandsklage stattgegeben wird, ergeht grundsätzlich ein Abhilfebeschluss (Art. 6 Abs. 1) Die Mitgliedstaaten dürfen es Gerichten und Behörden in „begründeten“ Ausnahmefällen, in denen die Bestimmung der einzelnen Ansprüche schwierig und daher im Verbandsklageverfahren „ineffizient“ wäre, ermöglichen, nur einen „Feststellungsbeschluss“ zu erlassen, mit dem die grundsätzliche Haftung des Verletzers gegenüber den betroffenen Verbrauchern festgestellt wird (Art. 6 Abs. 2, Erwägungsgrund 19). Diese müssen auf Basis eines solchen rechtskräftigen Beschlusses einfach und zügig auf Abhilfe klagen können (Art. 10 Abs. 3). Ein Abhilfebeschluss muss jedoch zwingend ergehen (Art. 6 Abs. 3 lit. a, b, Erwägungsgründe 19–21), wenn
– – QuE, die auf Abhilfe klagen, müssen ihre Finanzierung offenlegen und nachweisen, dass sie die Verbraucherinteressen finanziell bestmöglich vertreten und bei Unterliegen die Kosten des Gegners tragen können (Art. 7 Abs. 1). Die Mitgliedstaaten müssen die Drittfinanzierung von Verbandsklagen wie folgt einschränken (Art. 7 Abs. 2, 3):
Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen diese Umstände prüfen, die QuE auffordern, die betreffende Finanzierung abzulehnen und ihr ansonsten ggf. die Klagebefugnis verweigern (Art. 7 Abs. 3). – – – |
QRE können auch auf Beseitigung der „fortdauernden Auswirkungen“ des Verstoßes („Abhilfe“) klagen, z.B. auf Schadensersatz, „Reparatur“, Minderung, Kündigung oder Erstattung (Art. 5 Abs. 3, Art. 6), wenn
QRE „sollten“ Abhilfeklagen erheben dürfen, ohne alle betroffenen Verbraucher informieren zu müssen. Die Mitgliedstaaten können aber regeln, dass die Verbraucher vor Erlass der Entscheidung über die Klage ihre individuellen Ansprüche anmelden und ein Opt-in erteilen müssen, können aber auch darauf verzichten, dieses Mandat zu verlangen (Art. 6 Abs. 1, Erwägungsgründe 18 und 20). Ist in einem Mitgliedstaat kein Opt-In erforderlich, um der Verbandsklage beizutreten, so muss dieser Mitgliedstaat es Verbrauchern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat haben, dennoch ermöglichen, innerhalb einer Frist ein Opt-in zu erteilen und der Verbandsklage beizutreten. Wenn der Verbandsklage stattgegeben wird, ergeht ein Abhilfebeschluss (Art. 6 Abs. 1). Vom EP gestrichen. Vom EP gestrichen. Die Abhilfe soll Verbraucher ganz für ihren Verlust entschädigen. Bleibt nach ihrer Entschädigung noch ein Betrag übrig, der nicht geltend gemacht wurde, muss das Gericht entscheiden, wer diesen Betrag erhält, darf diesen aber weder QuE noch Unternehmern zusprechen (neuer Art. 6 Abs. 4a). Die Entschädigung für Verbraucher in einem Massenschadensereignis darf nicht höher sein als die Summe der Beträge, die der Unternehmer nach nationalem oder EU-Recht zahlen müsste, um jedem einzelnen Verbraucher den Schaden zu ersetzen. Ein Strafschadensersatz, der einen überhöhten Schadensausgleich der Klagepartei zur Folge hätte, wird verboten (neuer Art. 6 Abs. 4b). QuE, die auf Abhilfe klagen, müssen ihre Finanzierung offenlegen, um nachzuweisen, dass kein Interessenkonflikt besteht. Ferner müssen sie nachweisen, dass sie die Verbraucherinteressen finanziell bestmöglich vertreten und bei Unterliegen die Kosten des Gegners tragen können (Art. 7 Abs. 1). Das zuständige nationale Gericht kann die Verbandsklage für unzulässig erklären, wenn es feststellt, dass die Finanzierung durch den Dritten eine Entscheidung einer QRE im Zusammenhang mit einer Verbandsklage, z.B. über deren Erhebung oder über einen Vergleichsschluss beeinflussen würde [Art. 7 Abs. 2 lit. a)] Gerichte und Verwaltungsbehörden müssen diese Umstände sowie die Freiheit von Interessenkonflikten im Rahmen der Zulässigkeit der Klage oder – wenn die Umstände erst danach auftreten – in einem späteren Prozessstadium prüfen (Art. 7 Abs. 3). Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen offensichtlich unbegründete Fälle in einem möglichst frühen Verfahrensstadium abweisen (neuer Art. 7 Abs. 3a). Die Partei, die in einem Verfahren des kollektiven Rechtsschutzes unterliegt, muss der obsiegenden Partei - gemäß dem nationalen Recht - die Rechtskosten erstatten. Gerichte oder Verwaltungsbehörden dürfen ihr aber keine Kosten auferlegen, die „nicht notwendig“ waren oder „in keinem Verhältnis zur Klage stehen“ (neuer Art. 7a). Die Mitgliedstaaten können ein nationales, kostenlos einsehbares Register für Verbandsklagen einrichten, im Internet veröffentlichen und dort zugleich über alle Möglichkeiten, Schadensersatz zu verlangen, sowie über anhängige Verbandsklagen informieren. Die Mitgliedstaaten sollen ihre Register vernetzen (neuer Art. 5a). |
Rechtliche Wirkungen von Verbandsklagen | Die Mitgliedstaaten müssen regeln, dass
Schließen die Parteien einen Vergleich über Abhilfemaßnahmen, können einzelne betroffene Verbraucher diesen annehmen oder ablehnen. Vergleiche unterliegen der Prüfung und Genehmigung durch das Gericht oder die Verwaltungsbehörde und schließen die Geltendmachung etwaiger zusätzlicher Rechtsschutzansprüche der Verbraucher nach E-Recht oder nationalem Recht nicht aus (Art. 8 Abs. 1-6). – – Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass die Gerichte oder Behörden dem Verletzer aufgeben, betroffene Verbraucher auf seine Kosten über rechtskräftige Entscheidungen und genehmigte Vergleiche zu informieren (Art. 9). |
Die Mitgliedstaaten müssen – im Einklang mit ihrem nationalen Recht – regeln, dass
Vom EP gestrichen. Schließen die Parteien einen Vergleich über Abhilfemaßnahmen und wird dieser von Gericht oder Verwaltungsbehörde genehmigt, ist er für alle Parteien verbindlich. Der Vergleich schließt die Geltendmachung etwaiger zusätzlicher Rechtsschutzansprüche der Verbraucher nach E-Recht oder nationalem Recht nicht aus. (Art. 8 Abs. 1-6) Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, eine Datenbank mit allen rechtskräftigen Entscheidungen in Rechtschutzverfahren einzurichten, um andere Abhilfemaßnahmen zu erleichtern und bewährte Verfahren auszutauschen (Art. 10 Abs. 3). Die zuständigen nationalen Behörden müssen ein öffentlich zugängliches Register unrechtmäßiger Handlungen einrichten, die Gegenstand einstweiliger Verfügungen i.S. dieser Richtlinie waren (neuer Art. 16a). Ergeht eine endgültige Entscheidung oder ein Vergleich zugunsten von Verbrauchern, die davon ggf. keine Kenntnis haben, gilt: Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass die Gerichte oder Behörden dem Verletzer auf dessen Kosten (wenn dieser im Verfahren unterlegen ist) oder beiden Parteien auf ihre Kosten aufgeben, betroffene Verbraucher über rechtskräftige Entscheidungen und genehmigte Vergleiche zu informieren, z.B. im Internet (Art. 9 Abs. 1 und neuer Abs. 1a). Zusätzlich: QRE müssen
Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass
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Nächste Schritte im EU-Gesetzgebungsverfahren:
Das Politikvorhaben unterliegt dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (Art. 294 AEUV). Daher müssen sich Rat und Europäisches Parlament auf eine gemeinsame Position verständigen. Das EP hat seinen Standpunkt nun in 1. Lesung festgelegt. Der Rat hat bisher über das Vorhaben lediglich diskutiert; die 1. Lesung des Rates, in der er mit qualifizierter Mehrheit über das Politikvorhaben entscheidet, steht noch aus. Die Arbeiten in der Ratsarbeitsgruppe werden voraussichtlich am 12. und 24. April 2019 fortgesetzt. Sobald der Rat eine allgemeine Ausrichtung festgelegt hat, können die Trilogverhandlungen zwischen der Kommission, dem Rat und dem EP beginnen.