11.12.18

PRESSEINFORMATION 124/2018

Fragezeichen zur Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus bleiben

Am 4. Dezember 2018 hat die Eurogruppe eine Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) beschlossen. Im Vorfeld des Euro-Gipfels von Freitag bewertet das cep das Vorhaben.

Die Eurogruppe hat sich darauf geeinigt, die Bedingungen zu ändern, nach denen Euro-Staaten die „vorbeugenden Kreditlinien“ des ESM in Anspruch nehmen können. Auch soll eine Gläubigerbeteiligung bei Insolvenzen von Euro-Staaten einfacher werden und der ESM spätestens ab 2024 als gemeinsame fiskalische Letztsicherung („common backstop“) für den Bankenabwicklungsfonds (Single Resolution Fund, SRF) dienen. Dass die Staats- und Regierungschefs der Eurozone am Freitag diese Beschlüsse ändern, ist unwahrscheinlich.

ESM-Kreditlinien

Nur sehr wenige Eurostaaten erfüllen die neuen, strengeren Kriterien für die künftig geplante Beantragung einer ESM-Kreditlinie. Diese Staaten werden die Kreditlinie aller Voraussicht nach nicht benötigen. Allerdings besteht aufgrund der vorgesehenen Ausnahmetatbestände für die Zulassungskriterien die Gefahr, dass auch weniger solide Eurostaaten die ESM-Kreditlinie in Anspruch nehmen können und so ein reguläres ESM-Darlehen samt Auflagen umgehen.

Aus Sicht des cep muss die Bedingung, wonach der Eurostaat den negativen Schock nicht selbst verschuldet haben darf, in aller Deutlichkeit als zwingendes Zugangskriterium für die ESM-Kreditlinie im ESM-Vertrag aufgenommen wird. Das ist wichtig, weil die politische Übereinkunft der Eurogruppe vom 4. Dezember es unwahrscheinlich macht, dass ESM-Kreditlinien an wirtschaftspolitische Auflagen geknüpft werden.

Aus diesen Gründen sollten die anstehenden Änderungen des ESM-Vertrags und der ESM-Leitlinie zur Kreditlinie weiterhin Entscheidungsverfahren vorsehen, in denen Deutschland nicht überstimmt werden kann.

Gläubigerbeteiligung bei Insolvenzen von Euro-Staaten

Das cep unterstützt die vorgesehenen „single limb collective action clauses“. Sie sind eine zwingende praktische Voraussetzung für eine künftige Gläubigerbeteiligung („bail-in“) auch bei Staatsanleihen. Völlig offen bleibt jedoch, wer in welchem Verfahren über die Aktivierung solcher Klauseln entscheiden wird.

ESM als „common backstop“ für die Abwicklung von Banken

Der ESM-Backstop lindert die Folgen der engen Verknüpfung zwischen Banken und Staaten, nicht aber deren Ursache. Die Eurostaaten müssen die Banken dazu verpflichten, Staatsanleihen mit Eigenkapital zu unterlegen. Der ESM-Backstop sollte im Falle einer Bankenabwicklung erst aktiviert werden dürfen, nachdem der betroffene Mitgliedstaat einen Mindestanteil der Abwicklungskosten übernommen hat.

Durch die Streichung des ESM-Instruments zur direkten Bankenrekapitalisierung führt der ESM-Backstop jedenfalls in der derzeit vorgesehenen Höhe nicht zu höheren Risiken für den Bundeshaushalt. Deutschland kann im ESM bei der Aktivierung des Backstops und bei der Anhebung seines Volumens nicht überstimmt werden.

Dass der ESM-Backstop vor 2024 eingerichtet wird, hält das cep für unwahrscheinlich.

cepAdhoc Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)