25.09.17

Französische Arbeitsmarktreform tritt in dieser Woche in Kraft

Die französische Arbeitsmarktreform ist ein großer Schritt in die richtige Richtung, findet Lüder Gerken, in seinem Gastbeitrag für das heutige Handelsblatt.

Den Sommer nutzte die neue französische Regierung, um Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände bei der Ausarbeitung der Verordnungen einzubeziehen. Dabei schaffte sie es, die Gewerkschaften, insbesondere CGT und Force Ouvrière, zu spalten. Die Reform betrifft sowohl das individuelle als auch das kollektive Arbeitsrecht: Für die Frage, ob wirt-schaftliche Schwierigkeiten eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen, wird die nationale und nicht mehr die weltweite wirtschaftliche Situation einer Unternehmensgruppe herangezogen. Formfehler in einer sachlich gerechtfertigten Kündigung lösen keine Schadensersatzansprüche mehr aus. Die Klagefrist für Kündigungsschutzklagen wird von zwei Jahren auf ein Jahr verkürzt. Entschädigungszahlungen bei rechtswidrigen Kündigungen unterliegen zudem künftig obligatorischen Ober- und Untergrenzen – abhängig von der Dau-er der jeweiligen Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers.Was Branchenvereinbarungen regeln dürfen, wird ab-schließend festgelegt. In allen anderen Bereichen haben Betriebsvereinbarungen künftig Vorrang vor Branchenvereinbarungen und können von diesen auch negativ abweichen. Früher konnten Betriebsvereinbarungen nur mit Gewerkschaftsdelegierten geschlossen werden.

Die Reform erlaubt Betrieben mit weniger als 20 Arbeitnehmern den Abschluss von Betriebsvereinbarungen direkt mit der Belegschaft. In Betrieben mit mehr als 20 Arbeitnehmern kann das neu gegründete Wirtschafts- und Sozialkomitee verhandeln, eine Fusion aus drei früheren Arbeitnehmervertretungsgremien. Damit können künftig auch die 96 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen, die keinen Gewerkschaftsdelegierten haben, Betriebsvereinbarungen abschließen.Die sowohl individual- als auch kollektivrechtlich geschaffene höhere Flexibilität macht die Unternehmen wettbewerbsfähiger und schafft so Wachstumsimpulse. Dies wirkt sich auch positiv auf den Arbeitsmarkt aus. Die Reform löst jedoch nur einen Teil der Probleme des französischen Arbeitsmarkts. Die für die kommen-den eineinhalb Jahre geplanten flankierenden Maßnahmen sind daher ebenso wichtig: Reform der Berufsausbildung sowie der Arbeitslosen-, Sozial- und Rentenversicherung. Ein großes Problem in Frankreich ist zudem die ausgeprägte Konfliktkultur zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Damit der von der französischen Regierung mit den Reformen ermöglichte soziale Dialog entsteht und erfolgreich ist, ist ein tiefgreifender Mentalitätswechsel auf beiden Seiten unverzichtbar.