08.12.18

Ein System nicht ohne Risiko

Gastkommentar von Bert Van Roosebeke im Weser Kurier über die Euro-Reform

Weltweit sind Banken und Staaten bestens befreundet. Die Banken leihen den hochverschuldeten Staaten gerne das Geld, das diese so dringend brauchen. Die Konditionen sind günstig, worüber sich der Staat freut. So kann er seine Ausgaben günstig finanzieren. Auch die Banken schätzen den Vorteil dieser engen Beziehung. Weil der Staat sie als Geldgeber braucht, hilft er bei Problemen aus. Dazu kommt, dass Staatsanleihen nach wie vor als risikolose Anlage gelten. Banken müssen für diese Kredite daher keine Puffer bilden. Das ermöglicht es ihnen, eine höhere Rendite einzufahren. Wie die Eurokrise gezeigt hat, ist all dies eine Illusion: Straucheln Banken, bedroht dies auch Staaten, die mit deren Rettung überfordert sind (Irland, Spanien, Zypern). Straucheln Staaten, bedroht dies auch ihre größten Gläubiger: die Banken (Griechenland, Portugal).Die nach der Krise eingeführten EU-Regeln zur Bankenabwicklung sollen Abhilfe schaffen. Krisenbanken sollen nicht länger mit Steuergeld gerettet, sondern zentral abgewickelt werden. Für die Kosten müssen die Gläubiger der Bank aufkommen(„Bail-in“) sowie der „Single Resolution Fund“ (SRF), ein Topf, in den alle Banken der Eurozone einzahlen müssen. Bis 2024 sollen dort gut 60 Milliarden. Euro eingezahlt sein.Für die Kosten der Bankenabwicklung kommen also weniger die Steuerzahler als die Banken auf. Ob das fair ist, darüber lässt sich streiten. Reicht dies aber, um zu verhindern, dass eine kriselnde Bank einen Euro-Staat in die Pleite schicken kann?

Nein, sagten die Euro-Finanzminister am Dienstag und beschlossen den ESM-Backstop für den SRF. Im Klartext: Sind die 60 Milliarden Euro der Banken aus dem Abwicklungstopf aufgebraucht, schießen die Eurostaaten weitere 60 Milliarden nach, welche die Banken der Eurozone zurückzahlen müssen. Ohne Risiko ist diese Regelung aber nicht: Es kann lange dauern, bis die Banken den ESM-Kredit zurückzahlen können. Vor allem aber behebt der ESM-Backstop die Folgen des Problems, nicht aber deren Ursache. Wenn die Eurostaaten wirklich verhindern wollen, dass das finanzielle Überleben eines Euro-Mitglieds vom Wohle der dortigen Banken abhängt, müssen Banken verpflichtet werden, für Kredite an Staaten einen Puffer zu bilden.

Genau das wurde aber nicht beschlossen. Stattdessen ist beabsichtigt, dass Eurostaaten nur dann ESM-Hilfe bekommen, wenn ihre Gläubiger zuerst an den Kosten beteiligt werden. Ein hehres Ziel. Nur: die Gläubiger sind die Banken. Bloß, wie sollen diese sich solche Kosten leisten können, wenn sie doch für keine Puffer bilden müssen?

(Der Artikel ist in der Print-Ausgabe des Weser Kurier am 8.12.2018 erschienen.)