10.09.21

Vorschlag einer Ausnahmeklausel für grüne Investitionen verletzt Generationengerechtigkeit

Am kommenden Samstag will die slowenische Ratspräsidentschaft ein Papier der Brüsseler Denkfabrik Bruegel zur Diskussion stellen. Die Experten schlagen darin eine Ausnahmeklausel für grüne Investitionen vor: Alles, was der klimafreundlichen Transformation der Wirtschaft dient, soll von den Schuldengrenzen ausgenommen werden. cep-Wirtschaftsexperte Matthias Kullas warnt vor diesem Vorhaben.

Die Mitgliedstaaten müssen in den nächsten Jahren einerseits die Schulden abbauen, die sie während der Corona-Krise angehäuft haben. Anderseits müssen sie substanzielle Investitionen tätigen, wenn die Mitgliedstaaten die ‚Fit for 55’-Ziele erreichen möchten und die EU bis 2050 klimaneutral sein soll. Dies zu erreichen, indem ‚grüne’ Investitionen zum Erreichen dieser Ziele nicht in die Defizitberechnung des Stabilitäts- und Wachstumspakts einbezogen werden, greift aus mehreren Gründen zu kurz.

Erstens weisen einige Mitgliedstaaten so hohe Schuldenstände auf, dass die Tragfähigkeit der Schulden gefährdet ist. Hierzu gehören insbesondere Griechenland und Italien mit Schuldenständen von mehr als 200% des Bruttoinlandprodukts (BIP) beziehungsweise mehr als 150% des BIP. Die vorgeschlagene Regel setzt Anreize, die Schuldenstände weiter zu erhöhen, statt die notwendige Konsolidierung einzuleiten. Zweitens hat sich jeder Mitgliedstaat zu den Klimazielen bekannt. Es war immer klar, dass zur Erreichung dieser Ziele auch öffentliche Investitionen benötigt werden. Öffentliche Haushalte sind nicht unbegrenzt und es ist Aufgabe der Politik, die nationalen Haushalte so aufzustellen, dass diese Ziele – unter Einhaltung der vom Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgegebenen Grenzen – erreicht werden. Es ist Aufgabe der Politik, die Einschnitte, die in anderen Bereichen notwendig sind, zu vermitteln. Für den Staat gilt genauso wie für jeden privaten Haushalt: Man kann nicht alles haben. Wenn Staaten oder Private über ihre Verhältnisse leben, insbesondere konsumieren, schränken sie damit die Handlungsmöglichkeiten der zukünftigen Generation ein. Drittens verursacht die aktuelle Generation den Klimawandel, die Rechnung für eine grüne Welt darf nicht der nächsten Generation angelastet werden. Der Vorschlag verletzt mithin das Prinzip der Generationengerechtigkeit.”

Dr. Matthias Kullas, cep-Experte für Fiskalpolitik