25.11.21

Ratseinigung zum DMA und DSA – Mitgliedstaaten legen ihren Standpunkt zum Gesetz über digitale Märkte und zum Gesetz über digitale Dienste fest

Der Rat der Europäischen Union für Wettbewerbsfähigkeit hat einstimmig seinen Standpunkt zum Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA) festgelegt, auf den sich die Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten bereits Mitte November geeinigt hatten.

Auch zum Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) haben die zuständigen Minister der Mitgliedstaaten im EU-Ministerrat formal ihre gemeinsame Position festgelegt. Das Ratspapier sieht keine grundlegenden Änderungen im Vergleich zum Kommissionsvorschlag (siehe cepAnalysen 22, 23 und 24 zum DSA) vor. Insbesondere sprechen sich die Mitgliedstaaten dafür aus, die zentralen Grundsätze der E-Commerce-Richtlinie beizubehalten – nämlich dass Provider Inhalte ihrer Nutzer nicht allgemein überwachen müssen, für fremde Inhalte, von denen sie keine Kenntnis haben, nicht haften, und sich grundsätzlich nur an das Recht und die Behörden in dem Mitgliedstaat halten müssen, in dem sie niedergelassen sind.

Dennoch fordert der Rat insbesondere folgende Änderungen: 

Online-Suchmaschinen: Der Rat will Online-Suchmaschinen zusätzlich zu Caching und Hosting-Anbietern als eigene Kategorie in den DSA mit aufnehmen. Sehr große Online-Suchmaschinen mit mindestens 45 Millionen aktiven Nutzern sollen den gleichen Sorgfaltspflichten wie sehr große Online-Plattformen unterliegen und ebenso wie diese verpflichtet sein, mindestens einmal jährlich alle systemischen Risiken zu bewerten, die sich aus der Nutzung oder dem Missbrauch ihrer Dienste ergeben. Für Online-Suchmaschinen sollen die gleichen Haftungsbefreiungen wie für Caching-Dienste, also für Dienste gelten, die Informationen zwischenspeichern, um sie beschleunigt zu übermitteln.

Löschfristen: Der Rat sieht im DSA keine gesetzliche Löschfrist für illegale Inhalte vor. Sehr große Online-Plattformen und sehr große Online-Suchmaschinen sollen sich aber im Rahmen ihrer Risikominderungsmaßnahmen in einem Verhaltenskodex selbst verpflichten, die „Mehrheit der Meldungen illegaler Hasskommentare“ in weniger als 24 Stunden zu bearbeiten. Für die Bearbeitung von Meldungen sonstiger illegaler Inhalte sollen die Provider je nach Inhalt und Komplexität mehr Zeit haben.

Trusted flaggers: Der Rat will die Anzahl der sogenannten „vertrauenswürdigen Hinweisgeber“, deren Meldungen illegaler Inhalte die Plattformen vorrangig bearbeiten müssen, begrenzen, um den Mehrwert ihrer Meldungen nicht zu schmälern.

Meldung von Straftaten: Zudem sollen nach Auffassung des Rats nicht lediglich die Betreiber von Online-Plattformen, sondern alle Anbieter von Hosting-Diensten verpflichtet werden, den Verdacht auf eine schwere Straftat der zuständigen Strafverfolgungs- oder Justizbehörde zu melden.

Verbot von Dark patterns: Sogenannte „Dark Patterns“ – Designtechniken, die Nutzer zu unerwünschten Entscheidungen drängen oder verleiten, die für ihn negative Folgen haben, oder darauf abzielen –, sollen verboten werden.

Durchsetzung: Für die Überwachung und Durchsetzung der speziell für sehr große Online-Plattformen und sehr große Suchmaschinen geltenden Pflichten soll nach Ansicht des Rats ausschließlich die EU-Kommission zuständig sein. Geht es um die Verletzung anderer Pflichten der genannten Riesen, kann die Kommission die Zuständigkeit an sich ziehen; solange sie es jedoch noch nicht getan hat, bleibt der Mitgliedstaat, in dem der Anbieter der sehr großen Online-Plattform oder der sehr großen Online-Suchmaschine niedergelassen ist, für die Überwachung und Durchsetzung zuständig. Beweggrund für die Stärkung der Kommissionsbefugnisse ist es, bei Untätigkeit der Behörde im Niederlassungsstaat drohende Durchsetzungsdefizite (siehe cepAnalyse Nr. 24/2021) zu verhindern. Für kleinere Anbieter bleibt es bei der grundsätzlichen Zuständigkeit der Behörde in dem Land, in dem der Anbieter niedergelassen ist. Doppelte Verfahren will der Rat durch eine Benachrichtigungspflicht bei Aufnahme eines Verfahrens vermeiden.

Im Europäischen Parlament wird hingegen weiter hart um einen Kompromiss zum DSA gerungen. Erst wenn auch das Parlament seine Position festgelegt hat, können die sogenannten Trilog-Verhandlungen beginnen. Angesichts der sich abzeichnenden unterschiedlichen Positionen in Rat und Parlament zum DSA sind hier Konflikte bereits vorprogrammiert.

Dr. Anja Hoffmann, cep-Expertin für Binnenmarkt und digitale Wirtschaft