24.10.18

Lebensmittelversorgung – Unlautere Praktiken

Das Europäische Parlament stimmt über Verschärfung zu "unlauteren Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette" ab.

Mit der Richtlinie über „unlautere Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette“ wollte die EU-Kommission eigentlich Kleinst-, kleine und mittlere Erzeuger (KMU) und Erzeugergemeinschaften von Lebensmitteln schützen (s. cepAnalyse).

Danach sollten unfaire Vertragsregelungen und -praktiken, etwa die kurzfristige Stornierung verderblicher Ware, wie sie Zwischenhändler und Supermarktketten mit Erzeugern vereinbaren, verboten werden. Andere Vertragsregelungen, wie Gebühren für die Aufnahme ins Verkaufssortiment müssten eindeutig und teilweise detailliert vereinbart werden. Auch ist den Mitgliedstaaten freigestellt, weitere Verbote zu erlassen. Die Mitgliedstaaten sollen überdies jeweils eine Durchsetzungsbehörde benennen, die für die effektive Umsetzung der Richtlinie sorgt.

Geht es nach dem zuständigen Ausschuss im Europäischen Parlament, genügt der Schutz im Richtlinienvorschlag nicht. Verbote sollen demnach nicht mehr nur für Vertragsbeziehungen zwischen KMU und großen Abnehmern gelten, sondern allgemein in die Vertragsbeziehungen in der Branche hineinwirken. Der Ausschuss vereinbarte als Position für Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission mehr als 50 Verbote im Vergleich zu den ursprünglich nur acht Verboten im Vorschlag der Kommission. Außerdem sollen Abnehmer keine strengeren Umwelt- und Tierschutzstandards als die gesetzlich vorgesehenen Standards verlangen können. Auch sollen Einkaufsgemeinschaften verboten werden. Danach müssten auch Genossenschaften von Landwirten, die gegründet wurden, um mit größeren Abnehmern auf Augenhöhe faire Bedingungen auszuhandeln, verboten werden. Auch die Einzelhändler von Rewe müssten unter Umständen wieder mit weltweit agierenden Lebensmittelunternehmen verhandeln.

Nach Ansicht des cep war bereits das Vorhaben der Kommission teilweise verfehlt, zumal unfaire Praktiken nicht nur zwischen KMU und großen Abnehmern, sondern auch zwischen großen Unternehmen auftauchen können, wie das Kartellverfahren gegen Edeka zu den Vertragsbeziehungen mit Sektherstellern wie Rotkäppchen-Mumm gezeigt hat. Der zuständige Ausschuss verschlechtert den Richtlinienvorschlag durch die unzähligen, teilweise sich überschneidenden Verbote. Richtig und wichtig ist es zwar, dass Vertragsbeziehungen fair sind und der Wettbewerb funktioniert. Allerdings kann eine derartige, wenig praktikable „Überpositivierung“ durch das Festlegen von Verboten den Wettbewerb ersticken sowie die „Schnelligkeit und Leichtigkeit des Handelsverkehrs“ zum Erliegen bringen.

Der Richtlinienvorschlag sollte noch in dieser Legislaturperiode des Europäischen Parlaments erlassen werden. Stimmt allerdings das Europäische Parlament morgen gegen die Aufnahme von Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission auf Grundlage des vorliegenden Berichts, würde der Richtlinienvorschlag erst im nächsten Plenum im November verhandelt werden können. Da die österreichische Präsidentschaft im Rat allerdings Ende Dezember 2018 endet, ist es unwahrscheinlich, dass noch während der Präsidentschaft Österreichs noch eine Einigung über die Richtlinie zustande kommt. Die neue rumänische Präsidentschaft im Rat müsste das Verfahren aufgreifen, und das im Lichte der Wahlen zum Europäischen Parlament 2019.