04.12.18

EuGH gibt Briten mehr Zeit

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 10. Dezember entschieden, dass Großbritannien seine Austrittserklärung nach Art. 50 EUV einseitig widerrufen könnte.

Der EuGH folgt in seinem Urteil in der Rechtssache Wightman (C-621/18) weitgehend den Schlussanträgen des Generalanwalts vom 4. Dezember. In einem wichtigen Punkt weicht das Urteil allerdings von den Schlussanträgen ab.

Der Generalanwalt hatte die Ansicht vertreten, dass die Austrittserklärung nach Art. 50 EUV von Großbritannien nur dann einseitig widerrufen werden könnte, wenn der Widerruf nicht rechtsmissbräuchlich sei.

Der EuGH verzichtet in seinem Urteil auf die Bedingung, dass der Widerruf nicht missbräuchlich erfolgen darf. Wahrscheinlich tut der EuGH dies, weil er ansonsten – falls es zu einem Widerruf käme und dieser zum Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem EuGH würde – selbst über das Vorliegen eines Missbrauchs entscheiden müsste. Das wäre eine denkbare sensible Aufgabe für den EuGH, der er mit diesem Urteil erkennbar ausweicht.

Das Urteil des EuGH gibt den Briten aber auch mehr Zeit, sich zu entscheiden. Der EuGH hat nämlich entschieden, dass ein Widerruf der Austrittserklärung möglich ist, solange der Austrittsvertrag nicht in Kraft getreten ist (Alternative 1) oder, falls ein solches Abkommen nicht geschlossen wurde, solange die Zweijahresfrist nach Art. 50 Abs. 3 EUV nicht abgelaufen ist (Alternative 2) oder deren einstimmig beschlossene Verlängerung noch nicht abgelaufen ist (Alternative 3).

Das bedeutet, dass Großbritannien den Entwurf des Austrittsvertrags ablehnen könnte und dann bis Ende März 2019 Zeit hätte, seine Austrittserklärung zu widerrufen oder vorher mit dem Europäischen Rat vereinbaren könnte, die Zweijahresfrist zu verlängern, und dann, während dieser Verlängerung, widerrufen könnte.

Die Briten müssen sich entscheiden, was sie wollen. Der EuGH hat ihnen dafür Zeit gegeben.