28.10.22

EU-Parlament und Rat einigen sich auf Verbrenner-Aus

Am 27. Oktober 2022 haben das Europäische Parlament und der Rat im Rahmen von Trilog-Verhandlungen eine vorläufige Einigung zur Verordnung über die CO2-Emissionsnormen für neue Pkw und Kleintransporter erzielt (s. cepAnalyse 6/2022). Die formelle Annahme durch die beiden EU-Gesetzgebungsorgane gilt als reine Formsache.

Demnach müssen bis 2030 die CO2-Emissionen neuer Pkw um 55 Prozent und neuer Kleintransporter um 50 Prozent gegenüber 2021 sinken. Ab 2035 dürfen Pkw und Kleintransporter überhaupt kein CO2 mehr ausstoßen, was ein faktisches Verbot des Verbrennungsmotors darstellt. Insoweit sehen die neuen EU-Regelungen selbst auch keine Ausnahmen vor, Verbrenner nach 2035 etwa mit synthetischen Kraftstoffen betreiben zu dürfen. In den rechtlich unverbindlichen Erwägungsgründen ist lediglich die Absicht der Kommission vermerkt, nach Konsultation der Interessenträger einen Vorschlag für die nach 2035 erfolgende Zulassung von Fahrzeugen vorzulegen, die ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden. Die Kommission muss bis Ende 2025 einen Fortschrittsbericht veröffentlichen, der mit Blick auf den erwartenden Arbeitsplatzabbau in der Automobilbranche Maßnahmen zur Unterstützung und Umschulung von Beschäftigten behandeln soll. Hierfür sieht allerdings die nun beschlossene Verordnung selbst noch keine Gelder vor.

cep-Bewertung: Automobilbranche droht industriepolitischer Kahlschlag

Das cep lehnt das faktische Verbot des Verbrennungsmotors ab 2035, ab, da ein industriepolitischer Kahlschlag ohne klimapolitischen Nutzen droht (s. cepAnalyse 6/2022). Das europäische Verbrenner-Aus berücksichtigt nicht die Situation auf dem Weltmarkt. Da in Schwellen- und Entwicklungsländern noch lange nach 2035 eine Nachfrage nach Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren herrschen wird, werden diese dann künftig verstärkt außerhalb der EU gebaut werden. Folglich werden Arbeitsplätze in der europäischen Automobilindustrie - vor allem in Entwicklungsabteilungen und Zulieferbetrieben - wegfallen. Dagegen hätte der frühere Vorschlag des Industrieausschusses des EU-Parlaments sowie der Umweltminister Bulgariens, Italiens, Portugals, Rumäniens und der Slowakei, den CO2-Flottengrenzwert 2035 nur auf 90% zu senken, Anreize zu weiteren Effizienzsteigerungen bei Verbrennern gesetzt. Die europäischen Fahrzeughersteller und Zulieferer hätten in der EU entwickelte innovative und effiziente Technologien auf dem Weltmarkt anbieten können, die mit E-Fuels oder Biokraftstoffen betrieben werden können. Die vage Aussicht auf einen Kommissionsvorschlag für eine nach 2035 erfolgende Zulassung von Fahrzeugen, die ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden, bietet insoweit der europäischen Automobilindustrie keine Planungssicherheit .

Angesichts des sich abzeichnenden erheblichen Arbeitsplatzabbaus gerade auch in der deutschen Automobilbranche ist die bloße Prüfung von Maßnahmen zur Unterstützung und Umschulung von Beschäftigten durch die Kommission bis Ende 2025 vollkommen unzureichend, zumal hierfür die nun beschlossene Verordnung keinerlei Hilfsgelder vorsieht. Den europäischen Zulieferern und Entwicklern droht ein industriepolitischer Kahlschlag, der die industrielle Basis insbesondere Deutschlands weiter schwächen wird.

Dr. Martin Menner

cep-Experte EU-Klima- und Verkehrspolitik