24.04.23

EU Chips Act: cep-Kommentar zur Trilog-Einigung

Der von der EU beschlossene Chips Act steht ganz im Zeichen der neuen EU-Industriepolitik. Diese hat zum Ziel, die Resilienz der Lieferketten europäischer Unternehmen bei sicherheitsrelevanten Produkten zu erhöhen. Mit dem Chips Act möchte die EU die gesamte Halbleiter-Wertschöpfungskette stärken. Hierzu soll unter anderem der EU-Anteil an der weltweiten Halbleiterproduktion auf 20% steigen.

Mit dem Chips Act tritt die EU in ein Subventionsrennen mit China, den USA und Taiwan ein, die ebenfalls die Ansiedlung von Halbleiterproduzenten massiv subventionieren. Die Ausweitung der Halbleiterproduktion in der EU droht daher sehr teuer zu werden. Zudem besteht die Gefahr, dass die Auslastung der subventionierten Fabriken nicht hoch genug ist, um diese langfristig rentabel zu betreiben. Der Ruf nach einer dauerhaften Unterstützung ist daher vorprogrammiert. Hinzu kommt, dass der Chips Act mit Geldern aus den Programmen Digital Europe und Horizon Europe finanziert werden soll. Die Förderung der Halbleiterproduktion wird daher zu Lasten anderer sinnvoller Fördermaßnahmen gehen.

Angesichts der veränderten geopolitischen Realität seit Beginn des russischen Angriffskrieges ist allerdings auch klar, dass sicherheitsrelevante Industrien, wie die Produktion von Chips, nicht mehr rein ökonomisch betrachtet werden können. Insbesondere Chinas geo-politischen Ambitionen rund um Taiwan und darüber hinaus gefährden die Versorgung europäischer Unternehmen mit Chips. Denn der weltgrößte taiwanesische Chiphersteller TSMC nimmt eine wesentliche Funktion in der westlichen (und europäischen) Industrie ein.

Schließlich ist fraglich, ob der Chips Act seine Ziele mit den jetzt vereinbarten Mitteln erreichen wird. Denn der singuläre Fokus auf die Produktion von Halbleitern und die kontinuierliche Versorgung mit seltenen Erden, wie sie der jüngst ebenfalls beschlossene Critical Raw Materials Act anstrebt, vergisst die andere Hälfte der Herausforderung. Denn neben der Hardware und den Rohstoffen setzt eine resiliente digitale Transformation Europas auch mindestens gleich hohe Investitionen in die Ausbildung und Aufklärung der Bevölkerung über die Digitalisierung voraus. Neben spezialisierten KI-Experten, die mit den geförderten Chips etwas anfangen können, benötigt es auch eine allgemeinere, gesellschaftsübergreifende digitale Mündigkeit, um mit Technologien wie ChatGPT, die auf der Basis moderner Chips erstellt werden, souverän umzugehen.

Matthias Kullas und Anselm Küsters