04.07.19

Aus für Spitzenkandidatenprozess?

Wer hätte das gedacht? Knapp einen Monat nach dem klaren Bekenntnis vieler Europäer zur EU und der höchsten Beteiligung seit 25 Jahren bei den Wahlen zum Europäischen Parlament ist die Euphorie verflogen. Doch man hätte es ahnen können. Denn der vom Europäischen Parlament gefeierte Spitzenkandidatenprozess hatte im Europäischen Rat nur wenige Anhänger.

Ausgerechnet der von vielen als Heilsbringer für die EU gefeierte französische Präsident Macron hatte das Spitzenkandidatenverfahren von Anfang an abgelehnt. Nun also haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU nach langem Gezerre auf einen Personalvorschlag für die europäischen Spitzenjobs geeinigt. Sie haben sich dabei – das vergessen heute im Eifer der Debatte einige – an die Europäischen Verträge gehalten. Denn da heißt es, dass der Europäische Rat das „Ergebnis der Europawahl berücksichtigen“ muss. Juristisch betrachtet muss sich der Rat bei der Auswahl eines Kandidaten für die Kommissionspräsidentschaft nicht an den nominierten Spitzenkandidaten, sondern allenfalls an der politischen Zusammensetzung des Europäischen Parlaments orientieren! Natürlich kann aber auch der Rat kein Interesse daran haben, das EU-Parlament nachhaltig zu schädigen, weshalb er bald die Weichen dafür stellen müsste, dass es bei der nächsten EP-Wahl transnationale Listen gibt. Denn ohne sie müsste man mit hoher Wahrscheinlichkeit den Spitzenkandidatenprozess endgültig beerdigen.

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