13.09.18

Abstimmung zu Ungarn weiter im Fokus

Ungarische Regierung bezweifelt Rechtmäßigkeit der Abstimmung über Strafverfahren im EU-Parlament und könnte Klage erheben, um Zeit für umstrittene Reformen zu gewinnen.

Das EU-Parlament hat am Mittwoch, den 12. September festgestellt, dass in Ungarn eine eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der EU-Werte, insbesondere der Rechtsstaatlichkeit, besteht und hat den Rat aufgefordert, ein sog. Strafverfahren gegen Ungarn gemäß Art. 7 des EU-Vertrags einzuleiten, so wie es der Rat bereits gegen Polen getan hat.

Nun droht juristischer Streit. Allerdings nicht hinsichtlich der Frage, ob Ungarn tatsächlich die EU-Werte gefährdet, sondern ob die Abstimmung am 12. September rechtens war. Die ungarische Regierung ist der Ansicht, dass das Ergebnis der Abstimmung im EU-Parlament falsch berechnet wurde.

Laut der EU-Verträge erfordert ein Vorschlag des EU-Parlaments zur Einleitung eines Verfahrens gemäß Art. 7 EU-Vertrag eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, die zugleich eine Mehrheit der Abgeordneten des EU-Parlaments darstellt. Aus den EU-Verträgen und der Geschäftsordnung des EU-Parlaments geht allerdings nicht eindeutig hervor, ob bei der Berechnung der Zweidrittelmehrheit auch Enthaltungen zu berücksichtigen sind.

Die ungarische Regierung ist der Ansicht, dass neben Ja- und Nein-Stimmen auch Enthaltungen zu berücksichtigen sind. Dies hätte zur Folge, dass das EU-Parlament bei seiner Abstimmung am 12. September die erforderliche Zweidrittelmehrheit verfehlt hätte. Der Beschluss des EU-Parlaments wäre also nicht wirksam zustande gekommen und der Rat dürfte kein Strafverfahren gegen Ungarn einleiten.

Das EU-Parlament ist hingegen der Ansicht, dass nur Ja- und Nein-Stimmen, aber keine Enthaltung zu berücksichtigen sind und verweist auf eine entsprechende Praxis in der Vergangenheit. Der Beschluss sei daher rechtmäßig zustande gekommen und der Rat müsse entsprechend handeln.

Falls die ungarische Regierung bei ihrer Haltung bleibt, könnte sie Klage gegen das EU-Parlament vor dem EU-Gerichtshof in Luxemburg erheben und verlangen, dass der Beschluss vom 12. September wegen Verfahrensfehlern für nichtig erklärt wird. Zudem könnte die ungarische Regierung beim EU-Gerichtshof beantragen, dass der Beschluss des EU-Parlaments über die Einleitung des Strafverfahrens nicht vollzogen werden darf, bis das Urteil ergeht. Dadurch könnte die ungarische Regierung Zeit für die Fortsetzung der umstrittenen Reformen gewinnen.