10.10.17

Abstimmung über SatCab-Verordnung abgesagt

Eigentlich sollte der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments am Dienstag dieser Woche über den Vorschlag zur sogenannten SatCab-Verordnung abstimmen. Jetzt wurde die Abstimmung kurzfristig abgesagt. Besonders eine Maßnahme der Verordnung sorgt für hitzige Gemüter.

Die SatCab-Verordnung soll den grenzüberschreitenden Zugang zu Fernseh- und Radiosendungen über digitale Vertriebswege erleichtern. Eine ihrer Maßnahmen ist dabei die Ausweitung des sogenannten Ursprungslandprinzips auf die Online-Dienste von Rundfunksendern. Dieses Prinzip bewirkt, dass Rundfunksender die Rechte zum Online-Stellen ihrer TV- und Radiosendungen nur für den Mitgliedstaat ihrer Hauptniederlassung klären müssen und anschließend ihre Sendungen in der gesamten EU online zugänglich machen können. Die Rechteklärung für andere Mitgliedstaaten entfällt. Bisher galt das Prinzip nur für Übertragungen per Satellit.

Verschiedene Vertreter von Urheberinteressen – etwa Filmproduzenten – haben sich in den letzten Monaten vehement gegen eine Ausweitung des Ursprungslandprinzips ausgesprochen. Sie sehen darin einen problematischen Aufbruch des Territorialprinzips – der länderweisen Vermarktung ihrer Rechte – der ihre Einnahmen und damit Existenz gefährdet.

Erneut angeheizt wurde die Diskussion kürzlich dadurch, dass sich der im Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments zuständige Berichterstatter Tiemo Wölken (S&D) nun für eine noch stärkere Ausweitung des Ursprungslandprinzips einsetzt. Bisher sieht der Verordnungsvorschlag das Ursprungslandprinzip nur dann vor, wenn das Online-Stellen an eine herkömmliche Ausstrahlung des Rundfunksenders – etwa über Satellit – gebunden ist und zeitgleich oder lediglich für einen begrenzten Zeitraum nach der Ausstrahlung erfolgt. Der Änderungsvorschlag Tiemo Wölkens sieht eine Streichung dieser Beschränkungen vor. Das Online-Stellen von Inhalten soll zeitlich unabhängig – etwa auch vor – herkömmlichen Ausstrahlungen möglich sein und auch nicht mehr zeitlich beschränkt werden. Auch soll es auf Dienste ausgeweitet werden, die ihre Sendungen gar nicht herkömmlich sondern etwa nur online ausstrahlen – wie sogenannte Webcastingdienste.

Bevor es nun im Rechtsauschuss des Europäischen Parlaments zu einer Abstimmung über den bisherigen Verordnungsvorschlag sowie die durchaus weitgreifenden Änderungsvorschläge Tiemo Wölkens kommen konnte, wurde diese überraschend uns sehr kurzfristig verschoben.

Das cep sieht die Ausweitung des Ursprungslandprinzips auf die Online-Dienste der Rundfunksender als unverhältnismäßig an und lehnt diese ab, da sie gegen die Grundrechte der unternehmerischen Freiheit und des Eigentums verstößt und keine ausreichende Begründung seitens der Kommission vorliegt, welche diese rechtfertigen würde (s. cepAnalyse).

Die von Tiemo Wölken nun vorgeschlagene, noch stärkere Ausweitung des Ursprungslandprinzips sieht das cep daher ebenfalls kritisch. Zwar löst die zusätzliche Anwendung des Prinzips auf Webcastingdienste und ähnliche Dienste Wettbewerbsverzerrungen des bisherigen Verordnungsvorschlags auf. Denn dieser hat nur die konkurrierenden Online-Dienste der Rundfunksender privilegiert. Können Rundfunksender aber für das zeitlich unbegrenzte und von der herkömmlichen Ausstrahlung unabhängige Online-Stellen ebenfalls das Ursprungslandprinzip nutzen, entstehen dadurch neue Wettbewerbsverzerrungen zulasten von Konkurrenten wie Videoplattformen, die Inhalte in gleicher Weise Online stellen.