27.05.20

PRESSESTATEMENT 35/2020

Gigantisches EU-Konjunkturprogramm: Vergabe von EU-Zuschüssen und Krediten unbedingt an Bedingungen knüpfen!

Zu den Plänen der EU zur Bewältigung der Corona-Krise, die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen im Europäischen Parlament vorgestellt hat, erklärt Bert Van Roosebeke, Finanzmarktexperte am cep:

„Der vorgeschlagene EU-Wiederaufbau-Fonds ist ein gigantisches Konjunkturprogramm.  Für solche Impulse mag es gute Gründe geben, dennoch sollte das Risiko von Mitnahmeeffekten vermieden werden. Wichtig wäre daher, dass die Vergabe der Mittel – ob Kredite oder Zuschüsse – an Bedingungen geknüpft ist. Notwendig sind Strukturreformen, vor allem in den südlichen Ländern der Eurozone. Die Vorschläge der Kommission lassen Zweifel darüber zu, ob eine solche Konditionalität sichergestellt ist. Ohne Strukturreformen steigt jedoch das Risiko, dass sich nicht alle EU-Staaten die Rückzahlung der aufgenommenen EU-Schulden ohne weiteres leisten werden können. Für diesen nicht unwahrscheinlichen Fall droht eine weitere Verschuldung der EU. Alternativ schlägt die EU-Kommission vor, der EU eigene (Steuer-)Einnahmequellen zu schaffen. Damit könnte ein jahrelanger Traum der EU-Kommission in Erfüllung gehen, weil solche Steuern ihr eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit von den Mitgliedstaaten garantieren würde. Sie lösen jedoch nicht die grundlegende Problematik: Ohne wettbewerbsfähige Unternehmen wird es der EU an einer Steuerbasis fehlen.“

 

Aus Sicht des Direktors von cepFrance, Julien Thorel hat Ursula von der Leyen Fingerspitzengefühl bewiesen. „Ihr Fingerspitzengefühl erlaubt von der Leyen mit dem von ihr vorgeschlagenen Wiederaufbau-Programm weit über den deutsch-französischen Konsens vom 18. Mai hinauszugehen und gleichzeitig den « sparsamen Vier » und ihren Forderungen Rechnung zu tragen. Ein anderer Lösungsvorschlag wäre allerdings vor den 27 Mitgliedstaaten am 8. Juni auch kaum vertretbar gewesen. Kredite UND Zuschüsse sind eine sinnvolle Mischung: die hohen Zuschüsse tragen den in den letzten zwei Monaten immer lauter gewordenen Aufrufen zu mehr europäischer Solidarität Rechnung und sind eine Antwort auf die billigen Vorwürfe von Populisten. Die vorgeschlagene enorme Kreditmenge sollte aber auch die Empfänger-Staaten daran erinnern, dass die EU kein väterlicher Beschützer ist, bei dem man nur anklopfen muss, wenn Hilfe gebraucht wird. Wer von der EU-Familie profitieren will, muss auch die Familienregeln beachten. Sprich: Keine Finanzmittelvergabe ohne Gegenleistung. Alles andere wäre ein No-Go.“

 

Für Stefano Milia, Exekutivdirektor von cepItalia sind die Vorschläge der EU-Kommission ein wichtiges „Zeichen europäischer Solidarität". In Italien ist man zuversichtlich, dass die neuen Ressourcen einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit der Union und zur Behebung der Schäden der Krise sind. Italien ist sich bewusst, dass es dazu einen Beitrag leisten muss. Der heutige Vorschlag gibt den italienischen Bürgern das in der Krise zum Teil verloren gegangene Vertrauen in die Handlungsfähigkeit Europas und der europäischen Institutionen zurück.