22.11.22

Presseinformation 83/2022

cep seziert Entwurf zum Lieferkettengesetz

Berlin/Freiburg. Gut gemeint, nicht gut gemacht: Die Europäische Union will Unternehmen verpflichten, Menschenrechte und Umwelt in EU und Drittstaaten zu schützen – vom Rohstoff bis zum Produkt und dessen Entsorgung, in der gesamten Wertschöpfungskette. Das Centrum für Europäische Politik (cep) kritisiert den Richtlinienentwurf der Kommission als zu unscharf.

„Das Ansinnen ist ehrenwert. Viele Unternehmen leugnen ihre Verantwortung für Menschenrechte und Umwelt. Dabei kommt ihnen aufgrund grenzüberschreitender Lieferketten eine hohe Bedeutung zu“, sagt cep-Jurist Lukas Harta, der die geplante Richtlinie mit cep-Ökonom Matthias Kullas untersucht hat. Die von der EU vertretenen Werte müssten zwar auch für die Wirtschaft gelten. Die cep-Forscher kritisieren den Entwurf aufgrund zahlreicher Unschärfen aber als wirtschaftsfeindlich.

„Die EU stützt sich allein bei ihrer Definition von Menschenrechten auf 19 völkerrechtliche Übereinkommen und Erklärungen, an die sich oft nicht einmal demokratische Staaten gebunden haben. Dadurch unterläuft Brüssel das Ziel, eine standardsetzende Wirkung für stark diversifizierte Lieferketten zu erreichen“, erklärt Harta. Auch der Inhalt der Übereinkommen und Erklärungen benötigt oft weitere Präzisierung. Beispielsweise gibt es keine einheitliche Definition, was „gerechte und günstige Arbeitsbedingungen“ sind.

Laut Kullas ist die Richtlinie vielfach ungenau. Die Anhäufung von unbestimmten Rechtsbegriffen stifte Verwirrung, keine Rechtssicherheit. So solle das Gesetz für „etablierte Geschäftsbeziehungen“ gelten, ohne dass hinreichend erklärt werde, was unter „etabliert“ zu verstehen sei. Zudem entstehe gerade für mittelständische Unternehmen ein unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand, wenn sie auf Grundlage schwammiger Definitionen „etablierte“ Geschäftspartner identifizieren und das Einhalten von Menschenrechten und Umweltschutz garantieren sollen.

Kritisiert wurde zuletzt, dass die deutsche Bundesregierung versuche, den Gesetzentwurf an entscheidenden Punkten abzuschwächen. Vor allem die von Berlin geforderte sogenannte Safe-Harbor-Regel könne zu Gefälligkeitsgutachten und -zertifikaten führen und dadurch das Gesetz zu einem „zahnlosen Papiertiger“ machen.