28.07.20

PRESSEINFORMATION 53/2020

Wacklige Rechtsgrundlage für Corona-Aufbau-Fonds

Ein cepAdhoc hat die rechtlichen Grundlagen des geplanten Corona-Hilfspaktes „Next Generation EU“ in Höhe von 750 Mrd. EUR untersucht.

Die Wahl der Rechtsgrundlagen für das Corona-Aufbau-Paket der EU wirft zahlreiche Fragen auf. So werden z.B. die Tatbestandsvoraussetzungen des dafür herangezogenen Artikels 122 Absatz 2 AEUV in mehrfacher Hinsicht sehr weit gedehnt. Selbst bei entsprechend weiter Auslegung sind rechtliche Anpassungen des Aufbauinstruments erforderlich. So muss die Vergabe der Mittel enger als vorgesehen an das tatsächliche Erfordernis zur Bewältigung der negativen Folgen der COVID-19-Krise geknüpft werden, da Art. 122 Abs. 2 nur „Finanzhilfe im Krisenfall“ erlaubt. Hinzu kommt die Frage, ob die EU die avisierten Mittel in Höhe von 750 Mrd. Euro überhaupt auf den Finanzmärkten aufnehmen darf. Die Anleiheermächtigung der EU-Kommission im neuen Eigenmittelbeschluss ist rechtlich problematisch, da die Anleiheerlöse keine Eigenmittel darstellen sollen. Die Anleiheermächtigung kann auch nicht als Annex zur Erhöhung der Eigenmittelobergrenze mitgeregelt werden, weil sie kein untergeordneter Bestandteil derselben ist. Durch die vorgesehene Anleihepraxis „neben dem EU-Haushalt“ werden Kompetenzen des Europäischen Parlaments umgangen, die durch eine Vereinbarung zwischen den EU-Organen nicht gleichwertig ersetzt werden können.

Hintergrund

Das Aufbauinstrument soll in den überarbeiteten langfristigen EU-Haushalt für den Zeitraum 2021-2027 eingebettet werden. Um das Instrument zu finanzieren, plant die EU-Kommission im Auftrag der EU bis zu 750 Mrd. EUR an den Kapitalmärkten aufzunehmen. Dazu soll ein neuer Eigenmittelbeschluss gefasst werden. Die Kommission hatte bereits 2018 dafür einen Vorschlag vorgelegt, mit dem der geltende Eigenmittelbeschluss aus dem Jahr 2014 ersetzt werden sollte. Nunmehr will die Kommission diesen Vorschlag ändern. Mit dem geänderten Vorschlag soll sie ermächtigt werden, Mittel an den Kapitalmärkten aufzunehmen und Eigenmittelobergrenze zu erhöhen. Danach könnten im Namen der EU bis zu 750 Mrd. Euro an den Kapitalmärkten aufgenommen werden, wobei diese Ermächtigung „außerordentlicher“ Natur sowie zeitlich und der Höhe nach begrenzt sein soll. Diese Mittel sollen für Darlehen bis zu 360 Mrd. Euro sowie für Zuschüsse bis zu einem Betrag von 390 Mrd. Euro verwendet werden.

Die Rückzahlung der 750 Mrd. Euro nebst Zinsen soll aus dem Unionshaushalt finanziert werden. Um eine Deckung der entsprechenden Verbindlichkeiten zu ermöglichen, schlägt die Kommission gleichzeitig vor, in dem neuen Eigenmittelbeschluss die Eigenmittelobergrenze – die den Höchstbetrag der Mittel darstellt, die die EU von den Mitgliedstaaten zur Finanzierung ihrer Ausgaben anfordern kann – „vorübergehend“, d.h. maximal bis Ende 2058, gegenüber der ohnehin vorgesehenen Erhöhung um zusätzliche 0,6 Prozentpunkte aufzustocken. Die Eigenmittelobergrenze soll damit insgesamt von derzeit 1,23 % des Bruttonationaleinkommens der Mitgliedstaaten auf 2,0 % angehoben werden.