16.08.22

Presseinformation 51/2022

Rohstoffe der Zukunft: cep plädiert für die Stärkung der Kreislaufwirtschaft in Europa

Freiburg/Berlin. Der Ausbau von Zukunftstechnologien schafft einen enormen Bedarf an unverzichtbaren Rohstoffen. Die Europäische Union steht vor der Herausforderung, die Versorgungslage mit diesen kritischen Materialien zu sichern. Das Centrum für Europäische Politik (cep) gibt in einem Input Empfehlungen für eine zukünftige EU-Rohstoffpolitik.

„Die Überlebenschancen des europäischen Gesellschafts- und Wirtschaftsmodells werden an den internationalen Rohstoffmärkten ausgelotet“, sagt der cep-Ökonom André Wolf, der den cepInput verfasst hat. Die sogenannten kritischen Rohstoffe sind die Voraussetzung für den Umbau der Industrie hin zu Dekarbonisierung und Automatisierung. Metalle wie Lithium, Kobalt, Titan und Seltenerdmetalle sind für diverse Zukunftstechnologien unverzichtbar: Für die regenerative Stromerzeugung in Windkraft- und Photovoltaikanlagen, für die Mobilitätswende in Batterien und Brennstoffzellen, für die digitale Vernetzung in Displays und Glasfaserkabeln und für die automatisierte Steuerung in Mikrochips.

Die Problematik liegt insbesondere darin, dass die Metalle und Seltenen Erden außerhalb der europäischen Einflusssphäre gefördert werden. Viele Herkunftsländer teilen nicht die europäischen Umwelt- und Sozialstandards – aber die Angebotslage konzentriert sich oftmals nur auf ein Land oder wenige Länder: Kobalt aus dem Kongo, Platinmetalle aus Südafrika oder Vanadium und Seltenerdmetalle aus China.

Wolf analysiert drei Strategien, die für die Europäische Union bei der Rohstoffbesorgung in Frage kommen. Eine von der EU-Kommission angedachte EU-interne Rohstoffförderung spielt bislang eine untergeordnete Rolle. Aus Sicht von Wolf spricht wenig für die staatliche Unterstützung einer heimischen Förderung, insbesondere aus wirtschaftlichen Überlegungen. Kurzfristig liegt der Nutzen strategischer Partnerschaften, wie sie bislang mit Kanada und der Ukraine bestehen, deutlich höher. Diese könnten mit weiteren Ländern geschlossen werden, die über ähnliche Nachhaltigkeitsstandards wie die EU verfügen. Langfristig jedoch geht laut Wolf kein Weg an einem Ausbau der Wiederverwertungskapazitäten vorbei. Unter dem Stichwort „Urban Mining“ müssen die bereits in Geräten vorhandenen Rohstoffe recycelt werden. Dafür sind eine sachgerechte Entsorgung, ein effizientes Sammel- und Sortiersystem und ein vermehrter Kapitaleinsatz nötig. Insgesamt müssen die Sammel- und Recyclingraten in der EU deutlich erhöht werden.

Der EU-Aktionsplan für kritische Rohstoffe aus dem Jahr 2020 möchte vor allem die heimische Wertschöpfung stärken, die Lieferketten diversifizieren und Versorgungssicherheit gewähren. „Die Europäische Kommission hat die strategische Bedeutung dieser Fragen grundsätzlich erkannt, wie der Aktionsplan und die jüngste Ankündigung einer Gesetzgebung zu kritischen Rohstoffen deutlich machen. Es fehlt bislang aber noch an konkreten Instrumenten und klarer Priorisierung. Das Centrum für Europäische Politik plädiert für eine Rohstoffstrategie, die sich kurzfristig wesentlich auf strategische Partnerschaften mit Drittländern, längerfristig auf den Aufbau heimischer Sekundärbeschaffung über den Ausbau der Kreislaufwirtschaft in Europa stützt“, zieht Wolf ein Fazit der EU-Bemühungen.