14.04.20

PRESSEINFORMATION 25/2020

Zugang zu Dokumenten der EU-Arzneimittelagentur

Der EuGH legt die Hürden zur Verweigerung des Zugangs Dritter zu Dokumenten pharmazeutischer Unternehmen bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hoch.

Mit seinem Urteil hat der EuGH eine unverhältnismäßige „Bringschuld“ für Zulassungsinhaber formuliert. Denn er etabliert auf Grundlage der Transparenzverordnung eine alle Daten umfassende Verpflichtung dieser Unternehmen: Sobald ein Dritter Zugang beantragt, muss der Einreicher darlegen können, ob und wie seine geschäftlichen Interessen durch die Weitergabe des Dokuments konkret beeinträchtigt werden.

Für den cep-Gesundheitsexperten Patrick Stockebrandt hat der EuGH zwar „im Sinne größtmöglicher Transparenz geurteilt und unterstützt damit das Streben nach größerer Legitimität europäischer Entscheidungsprozesse. Er erkennt auch das Risiko der missbräuchlichen Nutzung von weitergegebenen Daten an, zieht daraus jedoch nicht die nötigen Konsequenzen.“

„Denn die Erstellung von Dokumenten, die für die Markzulassung bei der EMA einzureichen sind, ist in der Regel mit hohem zeitlichen und finanziellen Aufwand verknüpft. Es erscheint insofern unverhältnismäßig, dem Einreicher zusätzlich eine alle Daten umfassende und sehr detaillierte Bringschuld zuzuweisen, um den unlauteren Zugang Dritter abwehren zu können“, so Stockebrandt. Eine – aufgrund umfangreicher Daten und Schriftsätze sowie enger zeitlicher Vorgaben notwendigerweise vorab – intern durchgeführte Qualifikation aller Daten wird von den Unternehmen aber zu leisten sein, wenn sie den legitimen Schutz ihrer geschäftlichen Interessen gegenüber unlauterem Verhalten von Wettbewerbern im Entscheidungsverfahren der EMA effektiv durchsetzen wollen.

Hintergrund

Durch das zentralisierte Zulassungsverfahren auf europäischer Ebene kann eine Gemeinschaftszulassung für Arzneimittel erteilt werden, die eine Vermarktung in der gesamten EU gestattet. Für bestimmte Arzneimittel ist die Durchführung dieses Verfahrens verpflichtend und für bestimmte andere ist sie wahlweise möglich. Ein entsprechender Antrag wird gegenüber der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) gestellt. Hierdurch beginnt ein arzneimittelrechtliches Verfahren, an dessen Ende die EU-Kommission über den Zulassungsantrag entscheidet.

Die Dokumente der EMA, also auch die, die zur Beantragung einer Marktzulassung bei ihr eingereicht werden, fallen aufgrund eines Verweises im europäischen Arzneimittelrecht in den Anwendungsbereich der Transparenzverordnung. Diese hat zum Ziel, der Öffentlichkeit einen größtmöglichen Zugang zu Dokumenten der EU zu gewähren. Im Verfahren „PTC Therapeutics“ hatte der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) erstmals über den Zugang der Öffentlichkeit zu bestimmten Dokumenten der EMA zu entscheiden. Im Kern geht es v.a. um die Frage, ob und inwieweit die Weitergabe von Dokumenten, die der EMA im Rahmen des Zulassungsverfahrens übergeben worden sind, zum Schutz geschäftlicher Interessen des Einreichers verweigert werden kann.

Der cepInput erläutert Hintergrund und Relevanz des EuGH-Verfahrens und befasst sich mit den drei wesentlichen Entscheidungsgründen im Urteil „PTC Therapeutics“.