04.03.20

PRESSEINFORMATION 16/2020

Haftung für illegale Online-Inhalte

Eine cepStudie beschäftigt sich mit möglichen Maßnahmen, die die EU-Kommission im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste (Digital Services Act) zur Bekämpfung illegaler Online-Inhalte plant.

Gegenwärtig gibt es kaum Anreize für Anbieter digitaler Dienste proaktiv gegen illegale Inhalte vorzugehen. Die EU-Kommission hat deshalb angekündigt, im vierten Quartal 2020 ein Gesetz über digitale Dienste (Digital Service Act, „DSA“) vorzuschlagen, das unter anderem die Haftungsregeln für Online-Plattformen und andere digitale Dienste aktualisieren wird. Die cepStudie stellt die derzeitige Regulierung der Haftung für illegale Online-Inhalte vor, zeigt deren Schwächen auf und verknüpft diese mit den Änderungsvorschlägen, die die Kommission ausweislich eines internen – im Sommer 2019 an die Öffentlichkeit gelangten – Dokuments möglicherweise im Rahmen des DSA plant.

Hintergrund

Gegenwärtig befreit die E-Commerce-Richtlinie (ECR) bestimmte Anbieter von "Diensten der Informationsgesellschaft" – so genannte Vermittler – von der Haftung für materielle Schäden, die entstehen können, wenn deren Nutzer illegale Inhalte mit Hilfe ihrer Dienste verbreiten. Die verstärkte Nutzung neuartiger digitaler Dienste – etwa Cloud-Dienste, Social-Media-Dienste oder Plattformen der kollaborativen Wirtschaft – wirft neue Fragen zur Verantwortung der Anbieter solcher Dienste hinsichtlich der Verbreitung illegaler Inhalte auf. Unter anderem stellt sich die Frage, ob die bestehenden Vorschriften noch zeitgemäß sind. Die ECR wurde in den vergangenen Jahren durch sektorale Gesetzgebung, unverbindliche Maßnahmen und eine wachsende Anzahl von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs ergänzt. Diese Entwicklung hat zu einer Fragmentierung des Binnenmarkts und zu Rechtsunsicherheit geführt.

Wichtige Probleme der gegenwärtigen Rechtslage und mögliche Lösungsansätze der Kommission

Die cepStudie zeigt unter anderem folgende Probleme und Lösungsansätze der Kommission auf:

Für einige Anbieter digitaler Dienste, insbesondere neuartiger digitaler Dienste, wie z.B. Cloud-Dienste, ist unklar, ob sie unter die ECR fallen und/oder von deren Haftungsbefreiungen profitieren. Dies führt zu Rechtsunsicherheit hinsichtlich ihrer Haftung für illegale Online-Inhalte. Der DSA könnte daher den Anwendungsbereich und die Haftungsbestimmungen der ECR aktualisieren. Zudem könnte er die Haftungsbefreiungen der ECR ausdrücklich auf andere Dienste wie Suchmaschinen und Wifi-Hotspots ausweiten und klarstellen, inwieweit diese Befreiungen auch für neuartige digitale Dienste gelten. Schließlich könnte die ECR in eine Verordnung umgewandelt werden.

Anbieter digitaler Dienste müssen illegale Inhalte derzeit erst dann vom Netz nehmen oder den Zugang zu diesen sperren, wenn sie von ihnen Kenntnis erlangen, etwa weil sie von Behörden oder Dritten auf sie aufmerksam gemacht werden. Genaue Regeln dazu, etwa wie und durch wen diese Notifizierung (engl.: notice) zu erfolgen hat und innerhalb welches Zeitrahmens die Anbieter aktiv werden müssen, gibt es derzeit nicht. Der DSA könnte einheitliche, EU-weit bindende Regelungen für dieses sogenannte „Notice and Action“-Verfahren schaffen, die ggf. auf verschiedene Arten von Anbietern oder Inhalten zugeschnitten werden.

Es gibt gegenwärtig wenig Anreize für Anbieter digitaler Dienste, proaktiv gegen illegale Inhalte vorzugehen. Denn sobald sie von einem solchen Inhalt erfahren, müssen sie diesen umgehend entfernen; andernfalls besteht die Gefahr, dass sie dafür haften müssen. Um dieses Problem zu lösen, könnte der DSA eine „Gute-Samariter“-Bestimmung aufnehmen, die eine Haftung der Anbieter bei proaktiven Maßnahmen ausschließt.