09.12.19

PRESSEINFORMATION 103/2019

Transferwirkungen und Umverteilung in der EU

Im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Brexit und der Diskussion über den künftigen EU-Haushalt kommt der Umverteilung zwischen den EU-Mitgliedstaaten besondere Beachtung zu. Vor diesem Hintergrund hat das cep ein umfassendes Bild über die Faktoren und das Ausmaß der Umverteilung zwischen den EU-Mitgliedstaaten erstellt.

Griechenland hat von der Umverteilung durch die EU am meisten profitiert. Deutschland wurde in den zehn Jahren von 2008 bis 2017 mit einer Gesamtsumme von 137,7 Mrd. Euro am stärksten belastet. Der jüngsten Studie des cep zufolge wurde der griechische Haushalt im Untersuchungszeitraum (2008 - 2017) um insgesamt 114,4 Mrd. Euro entlastet. Pro Kopf und Jahr entspricht dies 1.049 Euro. Griechenland profitierte damit pro Kopf mehr als doppelt so viel wie Litauen, das mit 459 Euro am zweitmeisten entlastet wurde. Die Pro-Kopf-Belastung für Deutschland pro Jahr liegt bei 169 Euro. Damit befindet sich Deutschland pro Kopf an dritter Stelle. Stärker belastet wurden Schweden und die Niederlande mit 178 Euro bzw. 173 Euro pro Kopf und Jahr. Alle drei Mitgliedstaaten zahlten per Saldo mehr in den EU-Haushalt ein, als sie daraus erhielten. Da die Niederlande und Deutschland Euro-Staaten sind, bürgen sie zudem substanziell für die Finanzhilfen.

Die hohe Umverteilung zugunsten Griechenlands ist darauf zurückzuführen, dass das Land zum einen mehr Geld aus dem EU-Haushalt erhielt, als es dazu beisteuerte, zum anderen - und vor allem - von den günstigen Zinsen der Finanzhilfen profitierte.

Auch Polen erhielt deutlich mehr Geld aus dem EU-Haushalt, als es einzahlte. Da das Land kein Euro-Staat ist, wurde es zudem nur wenig durch die Finanzhilfen belastet. Insgesamt wurde der polnische Haushalt zwischen 2008 und 2017 um insgesamt 103,7 Mrd. Euro entlastet. Dies entspricht 273 Euro pro Kopf und Jahr. Bei der Pro-Kopf-Betrachtung befindet sich Polen damit an neunter Stelle.

Die neben Deutschland anderen beiden großen Euro-Staaten Frankreich und Italien befinden sich mit einer jährlichen Pro-Kopf-Belastung von 121 Euro bzw. 89 Euro an siebter bzw. elfter Stelle. Das Vereinigte Königreich - der drittgrößte Nettozahler in den EU-Haushalt - liegt mit 101 Euro an zehnter Stelle. Diese Belastung kommt nahezu ausschließlich durch den EU-Haushalt zustande. Pro Jahr zahlte das Vereinigte Königreich trotz des "Briten-Rabatts" 6,4 Mrd. Euro mehr in den EU-Haushalt ein, als es Geld aus diesem erhielt. Diese Lücke gilt es nach dem Austritt des Landes zu schließen.

Die cep-Studie weist zudem darauf hin, dass die Belastungen durch die Finanzhilfen vergleichsweise gering sind. Denn durch den bevorrechtigten Gläubigerstatus, den die Finanzhilfeinstitutionen mit Ausnahme der EFSF de jure oder zumindest de facto gewähren, tragen die privaten Halter von Schuldtiteln insolvenzgefährdeter Staaten mit Abstand das größte Ausfallrisiko. Es ist mit 43,6 Mrd. Euro mehr als doppelt so hoch wie das der Bundesrepublik Deutschland. Dies ist auch der Grund, weshalb die Entlastungen für die Empfängerstaaten von Finanzhilfen deutlich größer sind als die dadurch entstehenden Belastungen für die bürgenden Mitgliedstaaten.

Siehe hierzu auch Fragen und Antworten zur Studie "10 Jahre Umverteilung zwischen den EU-Mitgliedstaaten".