21.01.20

PRESSEINFORMATION 05/2020

Mehr Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit in der Eurozone?

Eurostaaten, die Strukturreformen umsetzen, sollen Geld von der EU erhalten, das sie für Investitionen einsetzen müssen. Das cep hat dieses Vorhaben in einem Input bewertet.

Die Eurostaaten möchten ein Instrument zur Förderung von Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit schaffen. Dieses sieht vor, dass Eurostaaten Geld für Investitionen erhalten, wenn sie zuvor bestimmte Strukturreformen umsetzen. Das cep begrüßt diesen Ansatz grundsätzlich, da Strukturreformen, insbesondere solche zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit, einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung der Eurozone leisten. Es ist jedoch fraglich, ob das Instrument Eurostaaten in der Praxis tatsächlich zu Reformen motivieren kann, insbesondere wenn die notwendigen Reformen den wirtschaftspolitischen Traditionen des Landes widersprechen. So ist es kaum vorstellbar, dass Deutschland Maßnahmen zum Abbau seines Leistungsbilanzüberschusses ergreifen wird, nur weil es Geld von der EU erhält. Problematisch ist zudem die starke Stellung der Staats- und Regierungschefs der Eurostaaten bei der Auswahl der förderfähigen Reformen und Investitionen. Dadurch besteht die Gefahr, dass nur Reformen und Investitionen ausgewählt werden, die die Eurostaaten ohnehin durchführen würden.

Darüber hinaus weist das cep kritisch darauf hin, dass durch dieses Instrument eine Überladung des ohnehin bereits zu komplexen europäischen Semesters droht, mit dem die EU-Staaten ihre Wirtschafts- und Fiskalpolitik koordinieren.

Hintergrund

Am 22. Juni 2015 hatten die damaligen fünf Präsidenten der EU - Jean-Claude Juncker (Präsident der Europäischen Kommission), Donald Tusk (Präsident des Europäischen Rates), Jeroen Dijsselbloem (Präsident der Eurogruppe), Mario Draghi (Präsident der Europäischen Zentralbank) und Martin Schulz (Präsident des Europäischen Parlaments) - Vorschläge unterbreitet, wie die Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) vollendet werden kann. Vier Jahre später, am 12. Juni 2019, hat die EU-Kommission eine Mitteilung veröffentlicht, in der sie Bilanz zog und konstatierte, dass "der politische Wille, die WWU zu vollenden (...), vor dem Hintergrund günstigerer wirtschaftlicher Rahmenbedingungen etwas erlahmt" sei, so dass "die Architektur der WWU weiterhin erhebliche Lücken" aufweise. Im Wesentlichen seien diese Lücken darauf zurückzuführen, dass sich die Mitgliedstaaten nicht darauf verständigen könnten, wie sie geschlossen werden sollen. Die Kommission forderte daher die Staats- und Regierungschefs der EU auf, kurzfristig Fortschritte bei diesen Vorschlägen zu erzielen.

Insbesondere hat die Kommission die Mitgliedstaaten aufgerufen, "sich auf die Grundzüge des Haushaltsinstruments für Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit" (BICC, budgetary instrument for convergence and competitiveness) zu verständigen und "im Zusammenhang mit dem Mehrjährigen Finanzrahmen eine Einigung über den Umfang dieses Instruments zu erzielen". Die Mitgliedstaaten sind diesem Aufruf gefolgt und haben sich am 9. Oktober 2019 auf die wesentlichen Grundzüge des BICC verständigt.