PRESSESTATEMENT 122/2018
Reform der Eurozone: Unklarheiten bleiben
cep-Volkswirt Bert Van Roosebeke hat die Pläne der EU-Finanzminister zur Reform der Währungsunion bewertet:
„Die Einrichtung des ESM als finanzielle Letztsicherung (Backstop) für die Bankenunion ist vertretbar. Das Risiko ist bei 60 Mrd. € begrenzt. Der Backstop ersetzt das in gleicher Höhe bestehende ESM-Instrument der direkten Bankenrekapitalisierung, das durchaus riskanter war. Größere Mitgliedstaaten wie Deutschland können bei der Aktivierung des Backstops nicht überstimmt werden. Eine Genehmigung der Aktivierung durch den Bundestag ist also auch künftig möglich. Weiterhin unklar ist, ob der Backstop vor 2024 ‒ vielleicht auch teilweise ‒ eingeführt wird. Das erscheint politisch unwahrscheinlich, weil ohne Änderung des Abkommens über den Bankenabwicklungsfonds eine gemeinsame Rückzahlung des ESM-Kredits durch alle Banken der Eurozone nicht vorgesehen ist. Die nördlichen Eurostaaten dürften eine solche Änderung nicht mittragen.
Bei der Reform der ESM-Kreditlinien sind einige Fragen noch ungeklärt. ESM-Kreditlinien ermöglichen Hilfe ohne strikte wirtschaftspolitische Auflagen. Die Bedingungen, diese Hilfe überhaupt in Anspruch nehmen zu können, scheinen aber durchaus hochgesteckt, so dass nur wenige Eurostaaten, die die Hilfe zudem kaum brauchen werden, dafür überhaupt in Frage kommen. Ob und inwieweit hier aber Ausnahmen möglich sein werden, ist auch heute nicht klar. Insgesamt ist nicht ersichtlich, in welchen konkreten Anwendungsfällen die Kreditlinien notwendig und sinnvoll sein können.
Das Vorhaben, bis 2022 die einfachere Beteiligung von privaten Gläubiger auch bei der Restrukturierung von Staatsschulden (single limb collective action clauses) einzuführen, ist überfällig. Ob es dazu kommt und ob die Möglichkeit im Krisenfall auch genutzt wird, ist aber mehr als zweifelhaft. Nach wie vor halten Banken zu viele Staatsanleihen in ihren Bilanzen, als dass ein Bail-in auch bei Staatsschulden realistisch erscheint.“