PRESSEINFORMATION 71/2019
Reform der Leistungen bei Arbeitslosigkeit in der EU
EU-Kommissarin Marianne Thyssen wird heute den Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) des Europäischen Parlaments über den Stand der Reform zur Koordinierung der Sozialsysteme informieren. Ein cepInput bewertet die Reformvorschriften für Leistungen bei Arbeitslosigkeit und gibt Empfehlungen für das weitere Gesetzgebungsverfahren.
In der kommenden Legislaturperiode muss die EU ihren Streit über die Reform der Vorschriften zur Koordinierung der nationalen Sozialsysteme beilegen. Dabei sollten sich alle Akteure bewegen. Aus Sicht des cep sollte es möglich sein, sich auf folgende Punkte zu verständigen.
- Wie bisher sollte das Recht auf Mitnahme von Arbeitslosenleistungen in einen anderen Staat EU-weit nur für 3 Monate vorgeschrieben sein und die Staaten über einen längeren Zeitraum entscheiden können.
- Eine arbeitslose Person sollte einen Anspruch auf Arbeitslosenleistungen gegenüber dem Staat haben, in welchem sie zuletzt die entsprechende Qualifikationszeit erfüllt hat. Staaten sollten die Dauer der Qualifikationszeit für Ansprüche auf Arbeitslosenleistungen selbst festlegen können.
- Grenzgänger und andere grenzüberschreitend erwerbstätige Personen sollten Arbeitslosenleistungen vom Staat der letzten Erwerbstätigkeit erhalten, wenn sie die dortige Qualifikationszeit erfüllt haben. Staaten sollten für diese Personen eine längere Qualifikationszeit vorschreiben können als für zugezogene Personen
Hintergrund
Freizügigkeit ist ein Grundrecht in der EU. Rund 17 Millionen EU-Bürger leben und arbeiten in einem anderen EU-Mitgliedstaat als demjenigen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen. Um sicherzustellen, dass Personen die Sozialversicherungsansprüche, die sie in einem Mitgliedstaat er-worben haben, nicht verlieren, wenn sie sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben, gibt es seit den 1950er Jahren gemeinsame Vorschriften zur Koordinierung der Sozialsysteme. Diese Vor-schriften gelten für die 28 EU-Mitgliedstaaten sowie für Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz. Die Koordinierungsvorschriften gelten für alle Bürger dieser Staaten sowie für Drittstaatenangehörige, die sich rechtmäßig in diesen Staaten aufhalten. Die Vorschriften zur Koordinierung der Sozialsysteme basieren auf folgenden vier Grundsätzen:
- Eine Person unterliegt nur den Vorschriften eines Staats, d.h. sie bezahlt nur in einem Staat Beiträge und erhält nur von einem Staat Leistungen.
- Eine Person hat in dem Staat, der für sie zuständig ist, die gleichen Rechte und Pflichten wie die Angehörigen dieses Staats.
- Versicherungs-, Beschäftigungs- oder Aufenthaltszeiten, die in anderen Staaten zurückgelegt wurden, werden vom zuständigen Staat berücksichtigt.
- Ansprüche auf Geldleistungen können in einen anderen Staat mitgenommen - in der Terminologie der Kommission: "exportiert" - werden.
Die Vorschriften über die Koordinierung der Sozialsysteme harmonisieren nicht die nationalen Vor-schriften über Sozialleistungen. Die Staaten entscheiden selbst darüber, wie sie ihre Sozialsysteme ausgestalten, welche Beiträge gezahlt und welche Leistungen gewährt werden. Durch die Vor-schriften über die Koordinierung der Sozialsysteme wird lediglich festgelegt, inwieweit die Rechte und Pflichten, die nach nationalem Recht gelten, auch für Personen gelten, die in den Anwendungsbereich der Koordinierungsvorschriften fallen.