Presseinformation 51/2025

Herausforderung Naher Osten - Wie kann die Europäische Union ihre Handlungsfähigkeit stärken?

Paris. Politischer und wirtschaftlicher Bedeutungsverlust: Die EU droht im Nahen Osten ins Hintertreffen zu geraten. Das Centrum für Europäische Politik (cep) analysiert die aktuelle Situation und unterbreitet Vorschläge, wie sich die EU als geopolitisch relevanter Akteur in der Region positionieren kann.

„Der Nahe Osten wird für die EU immer wichtiger, gleichzeitig hat ihr Einfluss in der Region in den letzten Jahren erheblich abgenommen. Nach dem Waffenstillstand zwischen der Hamas und Israel und mit der am 1. Januar 2026 beginnenden Ratspräsidentschaft Zyperns ergibt sich jetzt eine Chance, nach vorne zu schauen“, sagt der cep-Außenexperte Marius Strubenhoff. Traditionell spielt die EU eine wichtige Rolle im Nahen Osten. Heute allerdings dominieren militärische Machtfaktoren die globale Politik, während die EU als nicht-militärischer Akteur an Einfluss verliert.

Angesichts dieser Entwicklungen steht die EU vor der drängenden Frage, wie sie ihre Handlungsfähigkeit stärken und im Nahen Osten wieder eine ähnliche Rolle wie in der Vergangenheit spielen kann. Die für das kommende Jahr angekündigte Nahoststrategie der EU bietet die Chance, eine kohärente und effektive Politik zu entwickeln. Von entscheidender Bedeutung wird sein, ob es der EU gelingt, ihre Rolle als wirtschaftlicher Partner mit strategischem Einfluss zu verbinden und somit ihre Position im Nahen Osten nachhaltig zu stärken.

Ein zentraler Schwerpunkt der EU-Nahostpolitik liegt auf außenwirtschaftlichen Initiativen, insbesondere dem India-Middle East-Europe Economic Corridor (IMEC). Der IMEC wird als geostrategische Antwort auf Chinas „Belt and Road Initiative“ gesehen und steht in Konkurrenz zu ähnlichen Projekten der Türkei und Russlands. Weitere zentrale Projekte sind der EuroAsia Interconnector und der EuroAfrica Interconnector. Sie sollen das europäische Stromnetz mit Israel und Ägypten verbinden und damit die Energieanbindung zwischen Europa und dem Nahen Osten stärken. Seit einigen Jahren bildet zudem die Zusammenarbeit mit der Golfregion einen zentralen Baustein der EU-Außenpolitik – sowohl geopolitisch als auch wirtschaftlich. Die EU bleibe jedoch zu uneinig in ihrer Nahostpolitik. Strubenhoff mahnt an, dass die Ausarbeitung der EU-Nahoststrategie als Gelegenheit genutzt werden muss, nach Jahren des Streits wieder zusammenzufinden.

„Europa muss auch im Nahen Osten erwachsen werden und sich mit Projekten wie dem India-Middle East-Europe Economic Corridor (IMEC) gezielt als relevanter geopolitischer Player etablieren. Ansonsten droht die EU zu einem Dienstleister zu verkommen, der zwar mit konkreten Projekten in der Region engagiert ist, letztlich aber wenig Einfluss auf die Entwicklungen vor Ort hat“, fordert Strubenhoff.