Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble und Prof. Dr. Jürgen Stark, ehemaliger EZB-Chefvolkswirt und Mitglied des cep-Kuratoriums bei der Feier zum 10-jährigen Jubiläum des Centrums für Europäische Politik am 11. November 2015 in Berlin

 

An geschichtsträchtiger Stätte beging das Centrum für Europäische Politik mit einer Jubiläumsveranstaltung am 11. November in Berlin sein zehnjähriges Bestehen. Das Gebäude am Schloßplatz 1 war einst der Sitz des Staatsrats der DDR. Die Redner der cep-Jubiläumsveranstaltung waren zwei überzeugte Europäer: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und das ehemalige Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank, Jürgen Stark, der seit vergangenem Jahr Mitglied unseres Kuratoriums ist.

Schäuble plädierte in seiner Rede vor rund 300 geladenenGästen für eine Vertiefung der Europäischen Union: „Wir Deutsche wissen, wir haben die verdammte Pflicht, aus unserer Situation in der Mitte Europas, aus unserer Geschichte, im Interesse der jungen Generation dafür zu arbeiten, um jeden Preis, dass die europäische Einigung gelingt“,mahnte der Minister.

Er sei überzeugt, dass sich auf lange Sicht der Prozess fortsetze, dass die Nationalstaaten ihr Regelungsmonopol verlören, so Schäuble. „Der Nationalstaat kann diese großen Fragen nicht mehr lösen“, erklärte der Minister in Bezug auf die Regulierung von Internet und Finanzmärkten. 

Analog zum EU-Wettbewerbskommissar, „der eine ziemlich starke Stellung hat“, sprach sich Schäuble für eine Instanz aus, die nationale Haushaltsentwürfe zurückweisen könne, wenn sie gegen die europäischen Defizitregeln verstießen. Eine klare Absage erteilte der Minister der Einführung einer Einlagensicherung auf europäischer Ebene zum jetzigen Zeitpunkt. „Da bin ich ziemlich hartnäckig“, versicherte der Minister. Deutschland könne in dieser Frage zwar von den anderen Mitgliedstaaten überstimmt werden. „Das machen die aber nicht“, meinte Schäuble.

Jürgen Stark kritisierte in seinem Redebeitrag, dass die gegenwärtige lockere Geldpolitik der Zentralbanken zu fundamentalen Verzerrungen führe. „Friedrich von Hayek, Ludwig von Mises, Wilhelm Röpke: alle haben auf die Risiken einer monetär betriebenen Kreditexpansion hingewiesen“, so das ehemalige EZB-Direktoriumsmitglied. 

Gleichzeitig wandte sich Stark gegen den laxen Umgang mit europäischen Regeln: „Dass auf europäischer Ebene Regeln nicht eingehalten werden – sei es Maastricht, Lissabon, Schengen oder Dublin – ist inzwischen zur Regel geworden.“ „Auch die neuen Fiskalregeln haben ihre ersten Tests nicht bestanden. Die dafür verantwortlichen Institutionen haben erneut versagt. Das verheißt nichts Gutes für die Zukunft: die schleichende Entwicklung hin zu einer Haftungs- und Transferunion.“