Zwischen Fußball, Energie und Geopolitik: Europas wirtschaftliche Verflechtung mit Katar (cepAdhoc)

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Menschenrechtsverletzungen, zahlreiche Todesfälle auf Baustellen, Spiele bei großer Hitze in heruntergekühlten Stadien und das WM-Finale wenige Tage vor Weihnachten – nie zuvor stand eine Fußball-WM, das Ausrichterland und die FIFA so heftig in der Kritik. Dadurch rücken auch die wirtschaftlichen Verflechtungen mit Katar in den Fokus. Europa – und von den großen Ländern insbesondere Italien und Frankreich – ist wirtschaftlich mit dem Emirat auf vielfältige Weise verflochten. Nicht nur im europäischen Vereinsfußball – siehe Paris St. Germain, aber auch den FC Bayern München –, sondern vor allem im Energiesektor wird die Bedeutung Katars für Europa zunehmen. Das cep hat die wirtschaftliche und perspektivisch geostrategische Bedeutung Katars für Europa näher analysiert.

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Die wirtschaftliche Verflechtung zwischen Europa und Katar wird durch den mittelfristigen Wegfall von Gas aus Russland insbesondere im Energiesektor deutlich zunehmen. Die Transformation sowohl der europäischen als auch der katarischen Wirtschaft legen darüber hinaus eine strategische (Technologie-) Partnerschaft nahe, die gemeinsame geostrategische und industriepolitische Ziele beinhaltet. „In einer sich geopolitisch stark wandelnden Globalisierung kann eine pragmatische industriepolitische Kooperation mit Katar dazu beitragen, bestehende Abhängigkeiten von Russland und China zu verringern“, analysiert cep-Ökonom André Wolf.

Anders als China zielt die geoökonomische Strategie Katars weniger auf Infrastruktur als auf Soft-Power ab. Über Sponsoring im europäischen Sport hat Katar seinen institutionellen Einfluss in Europa bereits deutlich erhöht. Die Vergabe der WM kann als Erfolg dieser Strategie interpretiert werden. Sie reiht sich ein in eine Serie von Vergaben großer Sportereignisse durch FIFA und IOC an Autokratien, wie der Fußball-WM 2018 in Russland oder den Olympischen Winterspielen 2020 (ausgetragen 2021) in Peking. „Der Sport muss seine völkerverständigende Funktion auch und gerade über politische und kulturelle Unterschiede hinweg wahrnehmen. Gravierende Menschenrechtsverletzungen dabei billigend in Kauf zu nehmen, wird die Glaubwürdigkeit des institutionellen Sports und seines Werteversprechens massiv und für lange Zeit beschädigen“, so cep-Direktor Henning Vöpel.