Fit for 55: Klima und Seeverkehr (cepAnalyse)

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Der Seeverkehr war 2018 mit rund 2 Prozent am weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen (THG) beteiligt. Das entsprach etwa 85 Prozent der deutschen Emissionen. Kommission, Rat und Parlament wollen sich auf Reduktionsmaßnahmen für die Europäische Union verständigen. Das Centrum für Europäische Politik (cep) warnt vor Alleingängen Brüssels.

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„Häfen und Unternehmen in der EU könnten Wettbewerbsnachteile erleiden, ohne dass es zu global spürbaren CO2-Reduktionen kommt. Gerade im internationalen Seeverkehr haben einseitige Maßnahmen wegen ihres begrenzten geographischen Geltungsbereiches grundsätzlich nur ein geringeres Potenzial, THG-Emissionen effektiv und kosteneffizient zu reduzieren“, erklärt cep-Klimaexperte Götz Reichert, der die EU-Pläne mit cep-Ökonom Martin Menner analysiert hat. Auf den EU-bezogenen Seeverkehr entfalle nur etwa ein Fünftel der Emissionen des globalen Seeverkehrs.

 

„Ein Alleingang der EU birgt ein erhebliches Risiko für Ausweichreaktionen und Wettbewerbsverzerrungen aufgrund einseitiger Klimaschutzkosten“, sagt Menner. Insbesondere die vorgesehene Einbeziehung des Seeverkehrs in den EU-Emissionshandel könnte zur Umgehung von Zertifikatskosten verleiten. Mögliche Ausweichreaktionen seien das langsamere Fahren von Schiffen oder die bevorzugte Nutzung effizienterer Schiffe nur im Anwendungsbereich der Zertifikatspflicht sowie das zusätzliche oder ausschließliche Anlaufen von Häfen in Drittstaaten vor den Toren der EU, um die zertifikatspflichtige Strecke zu verkürzen oder die Zertifikatspflicht zu umgehen. „Letzteres würde der Wettbewerbsfähigkeit von EU-Häfen schaden“, warnt Menner.

 

Deshalb gehen die Vorschläge von Rat und Parlament, benachbarte Umladehäfen mit bis zu 200 Seemeilen Entfernung zur EU nicht als Anlaufhafen zu zählen, laut cep-Experten in die richtige Richtung. „Denn so werden zumindest bei Container-Transporten Ausweichverkehre unattraktiv“, sagt Menner. Das einseitige Vorpreschen Brüssels erhöhe jedoch das Risiko eines Scheiterns der Verhandlungen über eine globale CO2-Bepreisung bei der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO).

 

Falls die EU dennoch an der Einbeziehung des Seeverkehrs in den Emissionshandel festhalte, muss nach Ansicht der cep-Forscher bei der Definition der Zertifikatspflichtigen nachgebessert werden. Die Zertifikatspflicht sollte zudem später einsetzen, um den Verhandlungen der IMO nicht vorzugreifen.