Europa in der Taxonomie-Falle (cepInput)

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Kurz vor Fristende am 21. Januar hat die Bundesregierung zum Vorhaben der Europäischen Kommission Stellung genommen, Atomkraft und Erdgas für nachhaltig zu erklären. Das Centrum für Europäische Politik (cep) sieht einen Hebel, die Taxonomie juristisch zu stoppen.

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"Europarechtlich darf die Kommission nicht über die Nachhaltigkeit von Atomenergie und Erdgas entscheiden", betont cep-Jurist Götz Reichert, der das Vorhaben mit cep-Ökonom Philipp Eckhardt analysiert hat. Am 31. Dezember 2021 hatte die Kommission den Entwurf für einen delegierten Rechtsakt zur EU-Klimataxonomie vorgelegt. Demnach will sie Atomenergie und Erdgas als "ökologisch nachhaltig" einstufen. Deutschland hat starke Bedenken, Österreich und Luxemburg haben bereits Klagen angekündigt.

"Die Kommission hat sich mit der Taxonomie-Verordnung in eine doppelte Falle manövriert: politisch in der Frage, was als ökologisch nachhaltig gelten soll, rechtlich in der Frage, ob sie zur Entscheidung darüber überhaupt ermächtigt werden kann", sagt Eckhardt. Mit ihrem faktischen Taxonomie-Monopol habe sich die Kommission das Recht übertragen lassen, Wirtschaftstätigkeiten als "ökologisch nachhaltig" einzustufen. Eine Einstufung sei jedoch, wie die aktuelle Kontroverse beweise, zumindest für Atomenergie und Erdgas hochumstritten.

Genau aus diesem Grund, weil die Frage hochumstritten ist, müsste eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) laut Reichert Erfolg haben, da es sich nicht nur um eine "nicht wesentliche", technische Detailregelung handelt. "Der EuGH müsste daher urteilen, dass der delegierte Rechtsakt gegen den Wesentlichkeitsvorbehalt zugunsten des EU-Gesetzgebers verstößt und daher nichtig ist", erklärt Reichert. Die Bundesregierung habe in ihrer Stellungnahme deutlich gemacht, dass sich Deutschland zumindest die Option offenhält, vor dem EuGH aufgrund der Verletzung des Wesentlichkeitsvorbehalts nach Art. 290 AEUV zu klagen.