29.06.22

Rat und EU-Parlament für Verbrenner-Aus

Am 29. Juni 2022 haben sich die EU-Mitgliedstaaten im Rat auf das faktische Verbot des Verbrennungsmotors geeinigt. Ab 2035 sollen nur noch CO2-freie Pkw und Vans neu zugelassen werden. Allerdings fordert der Rat u.a. auf Betreiben Deutschlands die Kommission auf, Vorschläge vorzulegen, um auch nach 2035 die Zulassung von E-Fuel-Fahrzeugen und Plug-in-Hybriden zu ermöglichen. Das EU-Parlament hatte bereits am 8. Juni 2022 für ein Verbrenner-Aus für 2035 plädiert. Sollten sich nun Rat und EU-Parlament – wie zu erwarten – auf das Verbrenner-Aus einigen, befürchtet das cep einen industriepolitischen Kahlschlag.

2030-Ziel für CO2-Flottengrenzwerte

Das EU-Parlament hatte sich am 8. Juni 2022 auf eine erneute Verschärfung der CO2-Flottengrenzwerte für Pkw und Vans geeinigt (s. cepAktuell v. 9. Juni 2022). Wie von der Kommission vorgeschlagen, sollen die im Jahr 2030 in der EU neu zugelassenen Pkw 55% und Vans 50% weniger CO2 emittieren als 2021. Der Rat ist für eine 55%-Reduzierung für Pkw sowie Vans.

Verbrenner-Aus ab 2035

Das EU-Parlament unterstützt auch den Kommissionvorschlag, dass ab 2035 nur noch CO2-freie Fahrzeuge im EU-Binnenmarkt neu zugelassen werden dürfen. Alternativanträge zu diesem faktischen Verbrenner-Verbot, die für diese Fahrzeuge nur eine Reduktion der CO2-Emissionen um 90% vorsahen, hatten keine Mehrheit gefunden. Damit entfiele ab 2035 auch die Möglichkeit, mit alternativen Kraftstoffen betriebene Verbrenner-Fahrzeuge neu zuzulassen.

Der Rat modifiziert dies nur dahingehend, dass die Kommission bis 2026 überprüfen solle, ob auch E-Fuels oder Plug-in-Hybride zur Erreichung der CO2-Flottenziele beitragen könnten, falls diese keine Treibhausgase emittieren.

cep-Bewertung: Technologieoffenheit statt Verbrenner-Aus

Das cep sieht die Positionen des EU-Parlaments und des Rates zum faktischen Verbrenner-Aus ab 2035 durch eine Verschärfung der CO2-Flottengrenzwerte überwiegend kritisch, da sie die Situation auf dem Weltmarkt nicht berücksichtigen.

Durch das Verbrenner-Aus droht ein industriepolitischer Kahlschlag ohne klimapolitischen Nutzen (s. cepAnalyse 6/2022). Da in Schwellen- und Entwicklungsländern auch noch lange nach 2035 eine Nachfrage nach Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren herrschen wird, werden diese dann künftig verstärkt außerhalb der EU gebaut werden. Folglich werden Arbeitsplätze in der europäischen Automobilindustrie – vor allem in Entwicklungsabteilungen und Zulieferbetrieben – wegfallen. Der Vorschlag des Industrieausschusses des EU-Parlaments sowie der Umweltminister Bulgariens, Italiens, Portugals, Rumäniens und der Slowakei, den CO2-Flottengrenzwert 2035 nur auf 90% zu senken, hätte dagegen Anreize zu weiteren Effizienzsteigerungen bei Verbrennern gesetzt. Die europäischen Fahrzeughersteller und Zulieferer hätten in der EU entwickelte innovative und effiziente Technologien auf dem Weltmarkt anbieten können, die mit E-Fuels aber auch Biokraftstoffen betrieben werden können. Die vage Aussicht auf den vom Rat bis 2026 geforderten Kommissionsvorschlag, um mit E-Fuels betriebene Verbrenner auch nach 2035 zulassen zu können, bietet keine Planungssicherheit. Zudem ist die Ratsforderung nicht technologieneutral, da z.B. Biokraftstoffe und serielle Hybride ohne Plug-in nicht berücksichtigt werden. Die Bundesregierung hat leider die Chance verpasst, mit der Gruppe der EU-Mitgliedstaaten um Italien eine Sperrminorität gegen den Kahlschlag bei den europäischen Zulieferern und Entwicklern zu bilden. Dies wird vor allem auch die deutsche industrielle Basis schwächen.

Dr. Martin Menner

cep-Experte EU-Klima- und Verkehrspolitik