24.10.17

PRESSESTATEMENT 90/2017

Zur Einigung des Rates über die Reform der EU-Entsende-Richtlinie erklärt Prof. Lüder Gerken, Vorstandsvorsitzender des cep:

Die geplante Preisbewirtschaftung legt die Axt an die Binnenmarktfreiheiten. Gesamtwirtschaftlich ist sie Unfug.

Das Fundament der Europäischen Union sind die Grundfreiheiten. Dazu zählt die Dienstleistungsfreiheit. Die geplante Reform der Entsende-Richtlinie legt die Axt an diese Grundfreiheit. Denn sie schaltet den Lohnwettbewerb bei Arbeitnehmerentsendungen aus, soweit der tatsächliche Lohn des Gastlandes zu zahlen ist.

Das als „Lohn- und Sozial­dumping“ zu bezeichnen, ist agitatorisch. Es hat mit Dumping nichts zu tun.

In der Tat haben osteuropäische Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil, wenn sie mit niedrigeren Lohnkosten Dienstleistungen in Westeuropa anbieten können.  Dafür haben sie in anderen Branchen – etwa bei High-Tech-Produkten – erhebliche Wettbewerbsnachteile.

Zwar werden gefährdete westeuropäische Arbeitsplätze in jenen Dienstleistungsbranchen geschützt, in denen bislang osteuropäische Unternehmen mit entsandten Arbeitnehmern erfolgreich sind, weil sie niedrigere Löhne zahlen. Auf der anderen Seite verteuern sich die von Osteuropäern in Westeuropa erbrachten Dienstleistungen, was sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit und damit auf die Arbeitsplätze in allen anderen Sektoren auswirkt. Gesamtwirtschaftlich ist das Vorhaben schon deshalb Unfug.

Hinzu kommt: Bei einem Großteil der Dienstleistungen muss überhaupt niemand entsendet werden, weil sie der Auftragnehmer zuhause erbringen kann. Die müßte man ganz genauso einer Preisbewirtschaftung unterwerfen, wenn man konsequent ist.

Ebenso macht es keinen Unterschied, ob die Arbeitnehmer eines osteuropäischen Dienstleisters nach Westeuropa entsandt werden, um Geflügel zu verarbeiten, oder ob das Geflügel zur Verarbeitung nach Osteuropa exportiert wird. Konsequenterweise müßte man auch vorschreiben, dass osteuropäische Unternehmen auch bei solchen Warenexporten die hiesigen Löhne zu zahlen haben. Damit würde man auch der Warenverkehrsfreiheit faktisch den Garaus machen.