20.10.23

Presseinformation 65/2023

Generalanwältin Juliane Kokott fordert Änderung der EU-Verträge

Berlin/Luxemburg. Juliane Kokott, langjährige Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, setzt sich mit Blick auf die geforderte Aufnahme von Staaten wie Nordmazedonien, Albanien, Serbien oder der Ukraine in die Europäische Union für eine Änderung der EU-Verträge ein. „Um der EU mehr Kompetenzen zu übertragen und sie handlungsfähiger zu machen, müssten die Verträge angepasst werden. Das Konstrukt muss entscheidungsfähig bleiben. Und das ist es zurzeit nur bedingt“, sagte Juliane Kokott dem Centrum für Europäische Politik (cep).

Nach Ansicht der Juristin wird es zwar schwer sein, Staaten wie Ungarn oder Polen davon zu überzeugen, von Einstimmigkeitsprinzip und Veto-Recht bei wichtigen Entscheidungen abzurücken. Doch sie betont: „Niemand wird in Ungarn einmarschieren und die Regierung absetzen“, auch wenn die Entwicklung dort und in Polen zurzeit „nicht gut“ sei. Widerstände gebe es auch in anderen Mitgliedstaaten wie Frankreich, das gegen eine gemeinsame europäische Armee eintritt.

Nach Änderung der EU-Verträge sollten die Westbalkanstaaten und die Ukraine in die EU eintreten. „Man sollte Staaten wie die Ukraine, Serbien oder Albanien nicht dem Einfluss Russlands überlassen. Den Menschen in diesen Ländern wäre damit jedenfalls nicht geholfen“, sagte die Generalanwältin. Es seien dann jedoch Strukturanpassungen notwendig: „Die Anzahl und unterschiedliche Größe der Staaten und der Bevölkerung, die sie repräsentieren, sind ein Problem. Rechtskulturen, die nur für wenige Menschen stehen, muss meines Erachtens nicht das gleiche Gewicht eingeräumt werden wie solchen von sehr großen, bevölkerungsreichen Staaten.“

Juliane Kokott kritisierte zudem den wachsenden Einfluss großer Tech-Konzerne. „Eine zu große Konzentration wirtschaftlicher Macht und wirtschaftlichen Kapitals ist der Demokratie nicht zuträglich“, sagte die Juristin.

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