20.06.23

Presseinformation 44/2023

cep-Analyse: Kommissionsvorschlag zu kritischen Rohstoffen verstößt gegen EU-Recht

Berlin/Freiburg. Kobalt, Lithium, Seltene Erden: Bei kritischen Rohstoffen will Europa seine Abhängigkeit von Lieferländern wie China reduzieren. Das Centrum für Europäische Politik (cep) lobt die Kommission, die Versorgungssicherheit verbessern zu wollen. Allerdings sei ihr bisheriger Vorschlag zu bürokratisch und wirtschaftsfeindlich.

„Mit den angedachten Informationspflichten schießt die Kommission beim Risikomanagement übers Ziel hinaus“, sagt André Wolf. Der cep-Experte für Neue Technologien hat den Verordnungsvorschlag mit cep-Jurist Götz Reichert analysiert. „Statt Kontrolle wären mehr Positivanreize für Unternehmen sinnvoll. Auf dem Weg zu einer zukunftssicheren Rohstoffstrategie droht sich die EU im regulatorischen Klein-Klein zu verheddern“, warnt Wolf.

Reichert kritisiert, dass die Ermächtigungen der Kommission, künftig selbst Rohstoffe als „strategisch“ und „kritisch“ einstufen zu können, gegen EU-Recht verstößt. „Denn aus dieser Festlegung ergeben sich für Kommission, Mitgliedstaaten und Unternehmen weitreichende Rechte und Pflichten. Folglich handelt es sich um eine ,wesentliche’ Frage, die Rat und Parlament im Gesetzgebungsverfahrens entscheiden müssen – und nicht an die Kommission delegieren dürfen“, betont Reichert.

Die cep-Experten begrüßen, dass die Kommission über die heimische Rohstoffförderung und -raffinade hinaus auch strategische Partnerschaften und Rohstoffrecycling in den Blick nimmt. Die vorgeschlagene Priorisierung „strategischer Projekte“ sei angesichts finanzieller und administrativer Restriktionen ein geeignetes Mittel, um den Fokus auf für Zukunftstechnologien besonders essenzielle Rohstoffe zu setzen. Als Maßstab diene das ökonomisch vernünftige Prinzip der Diversifizierung von Beschaffungswegen. Verpflichtendes Risikoreporting für „große Industrieunternehmen“ stelle dagegen einen unangemessenen Eingriff in das Risikomanagement privater Unternehmen dar.