07.01.15

Polnischer Vorschlag gefährdet Glaubwürdigkeit des Stabilitätspakts

Polen will mehr Beteiligung der Mitgliedstaaten an der jüngsten EU-Wachstumsinitiative. Dafür soll es mehr Ausnahmen beim Stabilitäts- und Wachstumspakt geben.

Polens Finanzminister Mateusz Szczurek hält den neuen Europäischen Fonds für Strategische Investitionen (EFSI) für unterfinanziert. Er forderte am Dienstag die anderen EU-Staaten auf, den Wachstumsplan von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit eigenem Geld zu unterstützen. Beiträge der Mitgliedstaaten sollten dafür nicht beim Staatsdefizit zählen, verlangte Szczurek.

Szczureks Forderung führt auf ein abschüssiges Gelände. Bereits heute gibt es zahlreiche Staatsausgaben, die bei der Berechnung des öffentlichen Defizits gemäß des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht berücksichtigt werden. Ein Großteil dieser Ausnahmen ist zwar ökonomisch gerechtfertigt. Wenn jedoch immer mehr Staatsausgaben vom Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht erfasst werden, verliert der Pakt seine bindende Wirkung und mithin seine Glaubwürdigkeit. Der Pakt wird dadurch immer weniger in der Lage sein, das Ziel zu erreichen, die Schuldentragfähigkeit der EU-Staaten sicherzustellen. Zudem werden sich die Kapitalmärkte durch eine buchhalterische Nebelkerze, wie es der Vorschlag Polens ist, ohnehin nicht täuschen lassen.

EU-Kommissionschef Juncker hatte im Dezember seinen "Investitionsplan für Europa" vorgelegt, der Investitionen von bis zu 315 Milliarden Euro auslösen soll. Der Plan sieht neben der Einrichtung des EFSI eine Investitionsberatungsstelle bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) vor. Das cep hat in einem Standpunkt gefordert, dass acht Milliarden Euro im EU-Haushalt als EU-Garantie für den EFSI reserviert werden sollten.

Das Europäische Parlament und der Rat sollten zudem versuchen, potenzielle Verluste des EFSI zu begrenzen. Dies gelingt am besten, wenn die Anleihen der EIB mit einer Vertragsklausel versehen werden, die vorsieht, dass Gläubiger nur so lange bedient werden, bis die EFSI-Verluste 21 Milliarden Euro nicht übersteigen.

Die EU-Kommission sollte sich selbst verpflichten, das EU-Beihilferecht sowohl bei reinen EFSI-Investitionsprojekten als auch bei Projekten, die zusätzliche nationale finanzielle Unterstützung genießen, voll und ganz anzuwenden. Vor allem aber muss die Rechtssicherheit in europäischen und nationalen Vorschriften erhöht werden.

Dr. Matthias Kullas, Fachbereichsleiter Wirtschafts- & Stabilitätspolitik, kullas(at)cep.eu

Dr. Bert Van Roosebeke, Fachbereichsleiter Finanzmärkte, vanroosebeke(at)cep.eu