31.03.22

Grüne Taxonomie: Die Arbeiten gehen weiter

Bereits im Sommer 2020 ist die EU-Verordnung zur grünen Taxonomie [(EU) 2020/852, s. cepAdhoc] in Kraft getreten. Die Verordnung legt verbindlich fest, anhand welcher Kriterien künftig bestimmt wird, ob eine Wirtschaftstätigkeit als "ökologisch nachhaltig" einzustufen ist.

Um als ökologisch nachhaltig zu gelten, müssen Wirtschaftstätigkeiten „wesentlich“ zu mindestens einem von sechs Umweltzielen beitragen und dürfen keine dieser Umweltziele „erheblich“ beeinträchtigen. Die Kommission wurde im Rahmen der Verordnung beauftragt, mittels delegierter Rechtsakte, „technische Bewertungskriterien“ für jedes Umweltziel festzulegen, anhand derer bestimmt wird, unter welchen Bedingungen eine Tätigkeit einen „wesentlichen“ Beitrag leistet und die anderen Umweltziele nicht „erheblich“ beeinträchtigt.

Nach Inkrafttreten der Taxonomie-Verordnung im Juli 2020 konzentrierte sich die Kommission zunächst auf die Ausarbeitung der delegierten Rechtsakte zu den ersten beiden Umweltzielen – Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel. Ein erster delegierter Rechtsakt („Klimataxonomie“) ist dabei bereits im Dezember 2021 in Kraft getreten. Ein zweiter delegierter Rechtsakt, der insbesondere Kriterien zur Atomkraft und Erdgastechnologien festlegt, und die Klimataxonomie ergänzt, wurde Anfang März 2022 offiziell von der Kommission angenommen und wird derzeit vom Europäischen Parlament und vom Rat einer Prüfung unterzogen.

Bericht zu vier weiteren Umweltzielen der grünen Taxonomie

Doch auch mit der Festlegung der Bewertungskriterien zu den beiden klimabezogenen Umweltzielen sind die Arbeiten an der grünen Taxonomie nicht abgeschlossen. Denn insbesondere die Kriterien zu den vier weiteren Umweltzielen – (1) nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, (2) Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, (3) Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, und (4) Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme – stehen noch aus. In ihrer Strategie zur nachhaltigen Finanzierung [COM(2021) 390, s. cepInput] hatte die Kommission bereits angekündigt, die Kriterien im ersten Halbjahr 2022 vorlegen zu wollen.

Am 30. März 2022 hat die Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen, ein Beratungsgremium der EU-Kommission, nun einen Bericht mit Vorschlägen vorgelegt, wie die Kriterien zu den vier weiteren Umweltzielen aussehen könnten. Der Bericht und sein Anhang sind hier bzw. hier abrufbar.

Bericht zu einer möglichen Erweiterung der grünen Taxonomie

Bereits einen Tag zuvor, am 29. März 2022, legte die Plattform zudem einen Bericht mit Ideen für eine mögliche Erweiterung der grünen Taxonomie vor, damit auch Aktivitäten auf verschiedenen Niveaus bei der Nachhaltigkeitsleistung Anerkennung finden können. In dem Bericht schlägt die Plattform insbesondere vor, zusätzlich die folgende Klassifizierung von Wirtschaftstätigkeiten zu etablieren:

  • Nicht-nachhaltige, aber potenziell umstellbare Tätigkeiten, d.h. Tätigkeiten deren Nachhaltigkeitsperformance dringend verbessert werden muss und bei denen Investitionen helfen sollen/könnten, ihre schädliche Nachhaltigkeitsleistung zu vermeiden, um so zu einer „mittleren“ Nachhaltigkeitsleistung zu gelangen.
  • Nicht-nachhaltige und nicht-umstellbare Tätigkeiten, d.h. Tätigkeiten, bei denen ein Ausstieg bzw. eine Stilllegung angezeigt wäre.
  • Tätigkeiten mit einer mittleren („gelben“) Nachhaltigkeitsleistung, d.h. Tätigkeiten, die weder erheblich schädliche noch wesentlich positive Nachhaltigkeitsleistungen aufweisen, die aber als Übergangstätigkeiten dazu beitragen können, dass Tätigkeiten mit signifikant schädlicher Nachhaltigkeitsleistung unterbleiben.
  • Tätigkeiten mit geringen Umweltauswirkungen, d.h. Tätigkeiten, die keine wesentlichen Umweltauswirkungen haben, also weder rot, gelb noch grün sind; diese Klasse von Tätigkeiten soll Unternehmen ermöglichen zu signalisieren, dass ihre Tätigkeiten quasi umweltneutral sind.

Der Bericht zur möglichen Erweiterung der grünen Taxonomie ist hier abrufbar.

Ansprechpartner:

Philipp Eckhardt, Wissenschaftlicher Referent, Finanzmärkte | Informationstechnologien

Tel.: +49 761 38693-241, eckhardt(at)cep.eu