31.07.23

EU-Kommission legt ersten Satz an Standards zur Nachhaltigkeits-Berichterstattung fest

Seit dem 5. Januar 2023 ist die neue Richtlinie (EU) 2022/2464 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) in Kraft (s. cepAnalyse). Die CSRD ersetzt die Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung (NFRD, 2014/95/EU) und verpflichtet eine Vielzahl von Unternehmen dazu, in ihre Lageberichte nachhaltigkeitsbezogene Informationen aufzunehmen.

In der CSRD ist festgelegt, dass die Kommission, unter Berücksichtigung von Vorarbeiten der Europäischen Beratungsgruppe für Rechnungslegung (EFRAG), mehrere delegierte Rechtsakte erlassen muss, um den Inhalt und die Struktur der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu konkretisieren. Bereits im November 2022 hat die EFRAG eine technische Stellungnahme vorgelegt.

Laut der CSRD sollte die Kommission eigentlich bis zum 30. Juni 2023 einen ersten Satz an branchenunabhängigen Berichtsstandards erlassen. Mit einer einmonatigen Verspätung hat die Kommission diesen Schritt nun am 31. Juli vollzogen (s. hier).

Der nun erlassene erste Satz an Berichtsstandard gilt für alle Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der CSRD fallen, unabhängig davon, in welchem Sektor bzw. in welchen Sektoren das jeweilige Unternehmen tätig ist. Er ist somit für eine Vielzahl von Unternehmen von hoher Relevanz, insbesondere für

  • alle kapitalmarktorientierten Unternehmen, Banken sowie Versicherungen mit mehr als 500 Mitarbeitern,
  • große Unternehmen, Banken und Versicherungen, unabhängig von ihrer Kapitalmarktorientierung, mit mehr als 250 Mitarbeitern, einer Bilanzsumme von über 20 Mio. Euro bzw. einem Jahresumsatz von über 40 Mio. Euro, sowie für
  • börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie kleine und nicht komplexe Banken sowie firmeneigene Versicherungen.

Der erste Satz an Berichtsstandards besteht aus zwei bereichsübergreifenden Standards sowie insgesamt zehn Standards zu ökologischen, sozialen und die Governance betreffenden (ESG) Aspekten. Er gilt für all jene Unternehmen, die bereits der Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung (NFRD) unterlagen, bereits ab dem 1. Januar 2024 gelten. Für alle anderen der CSRD unterliegenden Unternehmen werden sie zu späteren Zeitpunkten schrittweise gültig.

Die Kommission betont nun bei der Vorlage des ersten Satzes an Berichtsstandards, dass sie diese Standards im Vergleich zu den Vorschlägen der EFRAG nochmals spürbar gestrafft hat, insbesondere um deren Verhältnismäßigkeit sicherzustellen. Dabei stellt sie insbesondere die folgenden Aspekte in den Vordergrund:

  1. Sie rückt den Grundsatz der Wesentlichkeit verstärkt in den Fokus: So sollen alle Standards, Angabepflichten und Datenpunkte einer Wesentlichkeitsanalyse unterzogen werden. Dies gilt nur beim Standard zu den "allgemeinen Angaben" nicht. Es sollen daher verstärkt nur Angaben gemacht werden müssen, wenn sie auch tatsächlich wesentlich sind.
  2. Sie will bestimmte Berichtsanforderungen erst schrittweise einführen. Dies soll es insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) leichter machen, die Berichtsanforderungen erfüllen zu können. So können Unternehmen mit weniger als 750 Mitarbeitern bspw. zunächst von bestimmten Angaben zu Scope-3-Treibhausgasemissionen und zur biologischen Vielfalt absehen. Alle berichtspflichtigen Unternehmen können zudem von Angaben zu den erwarteten finanziellen Auswirkungen bezüglich nicht klimabezogenen Umweltproblemen absehen.
  3. Sie erweitert den Kreis der Angaben, die die Unternehmen freiwillig machen können, d.h. einige Angaben sollen, entgegen der Pläne der EFRAG, nicht verpflichtend sein. Dazu zählen etwa Informationen zu den Plänen der Unternehmen zur biologischen Vielfalt.
  4. Sie betont ferner, dass sie die Standards so ausgestaltet hat, dass ein hohes Maß an Kohärenz und Interoperabilität mit globalen Standardsetzungsinitiativen gewährleistet ist. Hier sind insbesondere die Bemühungen des International Sustainability Standards Boards (ISSB) und der Global Reporting Initiative (GRI) zu nennen. Das ISSB hat erst am 26. Juni 2023 zwei erste Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards veröffentlicht (s. hier).

Die Kommission will den delegierten Rechtsakt zum ersten Satz an Berichtsstandards dem Europäischen Parlament (EP) und dem Rat in der zweiten Augusthälfte offiziell übermitteln. EP und Rat haben dann maximal vier Monate Zeit, ihn zu prüfen. Dabei können sie ihn nicht abändern. Lehnen sie ihn innerhalb der Frist nicht ab, gilt er als angenommen. Wird er nicht abgelehnt, gilt der Rechtsakt ab dem 1. Januar 2024 für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2024 beginnen.

Ansprechpartner

Philipp Eckhardt, Wissenschaftlicher Referent Finanzmärkte, eckhardt(at)cep.eu