01.02.17

Einigung zu Roaminggebühren

Am 1. Februar 2017 haben sich Vertreter des Europäischen Parlaments, des Rates und der EU-Kommission auf Obergrenzen für die Roaming-Großhandelspreise für Sprachtelefonie, SMS und Datenverkehr geeinigt.

Europäisches Parlament und der Ministerrat (also: die Mitgliedstaaten) hatten im Oktober 2015 beschlossen, dass die Preise für Auslandstelefonate, für das grenzüberschreitende Verschicken von SMS oder für die Internetdatennutzung im Ausland, die Inlandspreise für diese Dienste ab Sommer 2017 grundsätzlich nicht mehr übersteigen dürfen. Preisgleichheit also.

Als dann aber die EU-Kommission im September 2016 erklärte, dass diese Regel nur für 90 Tage pro Jahr gelten soll, war die Empörung groß. Kann die EU ein gegebenes Versprechen einmal mehr nicht einhalten? Kommissionspräsident Juncker zog jedenfalls die Reißleine und legte den Vorschlag erst einmal auf Eis. Aber war die Kritik an der 90-Tage-Regel der Kommission berechtigt? Nicht wirklich!

Denn: Das Europäische Parlament und der Ministerrat haben im Oktober 2015 nur eine weitgehende, aber keine vollständige Abschaffung der Roaminggebühren beschlossen. Preisaufschläge sollten auch weiterhin erlaubt sein, sofern ein Mobilfunkkunde Roamingdienste in „zweckwidriger oder missbräuchlicher Weise“ nutzt. Was dies genau bedeutet, legten sie aber nicht fest. Stattdessen beauftragten sie die Kommission damit, diese so genannte „Fair Use-Politik“ zu konkretisieren. Die 90-Tage Regel war das Ergebnis. Die EU-Kommission erfüllte also nur ihren Auftrag.

Für diese Fair-Use-Politik gibt es im Übrigen auch durchaus nachvollziehbare Gründe. Erstens verringert eine solche Politik die Gefahr, dass Mobilfunkanbieter durch geringe Einnahmen aus dem Roaminggeschäft ihre Inlandspreise anheben (müssen). Nicht-Reisende, die von der Abschaffung der Roaminggebühren sowieso nicht profitieren, würden dann extra belastet. Profitieren würden allein Urlauber, Grenzgänger und Geschäftsreisende. Die Fair-Use-Politik verringert damit das Risiko einer Quersubventionierung. Und zweitens könnten Verbraucher geneigt sein, eine SIM-Karte in einem Mitgliedstaat mit geringen Inlandspreisen zu erwerben. Diese könnten sie dann in ihrer eigentlichen Heimat zu diesen günstigen Preisen einsetzen. Immer wenn ein Verbraucher dies tut, muss sein Anbieter eine Gebühr an Mobilfunknetzbetreiber in der eigentlichen Heimat des Kunden entrichten. Dies führt wiederum zu hohen Einnahmeverlusten zulasten von Anbietern aus Staaten mit geringen Endkundenpreisen und könnte dazu führen, dass dort die inländischen Preise angehoben werden müssen.

Nachdem die Kommission nun also im September mit ihrem Vorschlag gescheitert war, hat sie sich nach einigem politischen Hick-Hack dann doch Mitte Dezember noch auf eine „Fair-Use-Politik festgelegt.

Ergebnis: Die Roaminggebühren werden abgeschafft, es sei denn, ein Mobilfunkkunde verbringt über einen Zeitraum von vier Monaten, also ca. 120 Tage, einen Großteil seiner Zeit in einem EU-Mitgliedstaat, in dem er nicht seinen Wohnsitz hat, und er nutzt dort Roamingdienste übermäßig. In diesem Fall kann ein Mobilfunkanbieter dann, nach einer zweiwöchigen Warnfrist, Roamingaufschläge verlangen. Für die exzessiven Nutzer von Datendiensten im Ausland gibt es zusätzliche komplizierte Regeln über monatliche Nutzungsobergrenzen. Fazit: Die Kommission hat nach den Protesten nochmal nachjustiert. Ob die neuen Regeln aber nun sinnvoller sind als die alte, ist fraglich. Komplizierter sind sie jedenfalls.

Am 1. Februar 2017 haben sich Vertreter des Europäischen Parlaments, des Rates und der EU-Kommission nun geeinigt. Mit Obergrenzen für die Roaming-Großhandelspreise für Sprachtelefonie, SMS und Datenverkehr soll das eigentliche Ziel – die Abschaffung der Roaminggebühren für Endkunden – erreicht werden, ohne dass dies bei Netzbetreibern zu Verlusten führt. Allerdings: Auch mit der nun gefundenen Regelung wird es keine komplette Abschaffung der Roaming-Gebühren geben. Mit der „fair use“-Regelung wird die Nutzung von Roamingdiensten im Ausland zu Inlandspreisen begrenzt.

Dieser Vereinbarung wurde am 8. Februar 2017 von den Botschaftern der Mitgliedstaaten zugestimmt und muss nun formal noch vom gesamten Europäischen Parlament (vermutlich im April) und vom Rat (im Mai) angenommen werden. 

Philipp Eckhardt, eckhardt(at)cep.eu