23-12-2016

Roaminggebühren und (k)ein Ende?

Wann werden denn nun die Roaminggebühren abgeschafft? Die Frage ist berechtigt, geistern doch alle paar Wochen ein neuer Termin durch die Medienlandschaft. Und ja, die EU hat beschlossen bis Mitte 2017 die Gebühren abzuschaffen. So sagen es zumindest regelmäßig einige ihrer Vertreter. Aber stimmt das wirklich?

Tatsache ist, dass das Europäische Parlament und der Ministerrat (also: die Mitgliedstaaten) im Oktober 2015 beschlossen haben, dass die Preise für Auslandstelefonate, das grenzüberschreitende Verschicken von SMS oder für die Internetdatennutzung im Ausland die Inlandspreise für diese Dienste zum Sommer 2017 grundsätzlich nicht mehr übersteigen dürfen. Preisgleichheit also.

Als dann aber die EU-Kommission im September erklärte, dass diese Regel nur für 90 Tage pro Jahr gelten soll, war die Empörung groß. Kann die EU ein gegebenes Versprechen einmal mehr nicht einhalten? Kommissionspräsident Juncker zog jedenfalls die Reißleine und legte den Vorschlag erst einmal auf Eis. Aber war die Kritik an der 90-Tage-Regel der Kommission berechtigt? Nicht wirklich!

Denn: Das Europäische Parlament und der Ministerrat haben im Oktober 2015 nur eine weitgehende, aber keine vollständige Abschaffung der Roaminggebühren beschlossen. Preisaufschläge sollten auch weiterhin erlaubt sein, sofern ein Mobilfunkkunde Roamingdienste in „zweckwidriger oder missbräuchlicher Weise“ nutzt. Was dies genau bedeutet, legten sie aber nicht fest. Stattdessen beauftragten sie die Kommission damit, diese so genannte „Fair Use-Politik“ zu konkretisieren. Die 90-Tage Regel war das Ergebnis. Die EU-Kommission erfüllte also nur ihren Auftrag.

Für diese Fair-Use-Politik gibt es im Übrigen auch durchaus nachvollziehbare Gründe. Erstens verringert eine solche Politik die Gefahr, dass Mobilfunkanbieter durch geringe Einnahmen aus dem Roaminggeschäft ihre Inlandspreise anheben (müssen). Nicht-Reisende, die von der Abschaffung der Roaminggebühren sowieso nicht profitieren, würden dann extra belastet. Profitieren würden allein Urlauber, Grenzgänger und Geschäftsreisende. Die Fair-Use-Politik verringert damit das Risiko einer Quersubventionierung. Und zweitens könnten Verbraucher geneigt sein, eine SIM-Karte in einem Mitgliedstaat mit geringen Inlandspreisen zu erwerben. Diese könnten sie dann in ihrer eigentlichen Heimat zu diesen günstigen Preisen einsetzen. Immer wenn dieser Verbraucher dies tut, muss sein Anbieter eine Gebühr an Mobilfunknetzbetreiber in der eigentlichen Heimat des Kunden entrichten. Dies führt wiederum zu hohen Einnahmeverlusten zulasten Anbieter aus Staaten mit geringen Endkundenpreisen und könnte dazu führen, dass dort die inländischen Preise angehoben werden müssen.

Nachdem die Kommission nun also im September mit ihrem Vorschlag gescheitert war, hat sie sich nach einigem politischen Hick-Hack dann doch Mitte Dezember noch auf eine „Fair-Use-Politik festgelegt.

Ergebnis: Die Roaminggebühren werden abgeschafft, es sei denn, ein Mobilfunkkunde verbringt über einen Zeitraum von vier Monaten, also ca. 120 Tage, einen Großteil seiner Zeit in einem EU-Mitgliedstaat, in dem er nicht seinen Wohnsitz hat, und er nutzt dort Roamingdienste übermäßig. In diesem Fall kann ein Mobilfunkanbieter dann, nach einer zweiwöchigen Warnfrist, Roamingaufschläge verlangen. Für die exzessiven Nutzer von Datendiensten im Ausland gibt es zusätzliche komplizierte Regeln über monatliche Nutzungsobergrenzen. Fazit: Die Kommission hat nach den Protesten nochmal nachjustiert. Ob die neuen Regeln aber nun sinnvoller sind als die alte, ist fraglich. Komplizierter sind sie jedenfalls.

Was bleibt ist, dass die Vertreter der EU-Institutionen die genannten validen Argumente gegen eine (vollständige) Abschaffung der Roaminggebühren viel offensiver vertreten sollten. Dann müssten sie sich auch nicht regelmäßig wegducken, wenn sie wieder einmal verkünden müssen, dass es doch viel schwieriger ist und länger dauert, auf die Gebühren zu verzichten.

Philipp Eckhardt, eckhardt(at)cep.eu