24.06.16

PRESSEINFORMATION 67/2016

Britisches Referendum als Chance für Europa begreifen

Aus Sicht des cep bedeutet das Ergebnis für einen Brexit Großbritanniens nicht das Ende der EU. Nur muss die Gemeinschaft die Lehren daraus ziehen.

Der Brexit ist ein Warnschuss für Europa. Natürlich waren für die Befürworter oft falsche oder populistische Argumente ausschlaggebend. Aber auch das Bild, das Europa und die EU gerade abgeben, war für die Wähler im Vereinigten Königreich offensichtlich nicht gerade verlockend. Zu Recht, denn in den jüngsten Krisen – ob nun beim Euro oder den Flüchtlingen – hat sich Europa heillos zerstritten und wenig problemlösend präsentiert“, erklärt Professor Lüder Gerken, Vorstandvorsitzender des cep zum Ergebnis des Referendums in Großbritannien. Leider – so Gerken – habe auch die Debatte über die Konstruktionsfehler der Gemeinschaft – unvollendete Wirtschaftsunion und schwache Rechtsdurchsetzung, um nur zwei zu nennen – überschattet, welche Vorteile vor allem die Briten in der EU genießen und was es sie kosten wird, z.B. auf den gemeinsamen Binnenmarkt zu verzichten.

Deshalb auch, so Gerken, „kann und darf es ein Weiter-so in Europa nun nicht geben. Zu gefährlich sind die Fliehkräfte, die jetzt freigesetzt werden könnten. Vor allem in den Niederlanden und Dänemark.“ Denn in den letzten Wochen wurden nicht nur im Vereinigten Königreich Stimmen laut, die vor zu viel Konzentration auf die Integration warnten und den Regulierungsbefürwortern in Brüssel (und manch anderer europäischer Hauptstadt) Einhalt gebieten wollen. Ja, Europa muss sich auf seine Werte besinnen und die vereinbarten Regeln einhalten. Das gilt ausnahmslos für die großen und kleinen Mitgliedstaaten. Und die Politiker müssen sich jetzt darauf besinnen, was uns stark macht, und darauf hinweisen, was uns hemmt: zu viel Bürokratie zum Beispiel – auch darauf hatten die Briten hingewiesen. Und sie hatten auf dem EU-Gipfel im Februar darauf gedrungen, dass sich die EU-Kommission bemühen muss, das EU-Recht zu vereinfachen und den Regulierungsaufwand für Unternehmen zu verringern. Dieses Bemühen muss allerdings noch stärker sicht- und spürbar werden! Jetzt erst recht.

„Natürlich ist nun nicht blinder Aktionismus von EU-Kommission, Rat und Europäischem Parlament gefragt. Aber eine abgewogene Feinjustierung sollten sich die Verantwortlichen schon als Hausaufgabe verordnen. Und vor allem müssen sie jetzt Wort halten und umgehend die Verhandlungen zum Austritt der Briten beginnen, damit deren Entscheidung keine Nachahmer findet. Das Tischtuch ist nicht zerschnitten. Eines Tages werden die Briten ihre Entscheidung vielleicht bereuen und zurückkehren wollen. Schmerzhafte volkswirtschaftliche Verluste könnten sie dazu zwingen“, so Lüder Gerken.

Lesen Sie hierzu den aktuellen cepAdhoc